Das schwarz-rote Kabinett: Wer wird was
Berlin (dpa). Drei Monate nach der Bundestagswahl steht die neue schwarz-rote Regierung. Mit überraschenden Personalien und dem neuen Zuschnitt einiger Ministerien will die große Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Deutschland in Europa an der Spitze halten.
Merkel bekommt es mit einer SPD zu tun, die sich angesichts einer 76-Prozent-Zustimmung ihrer Mitglieder zu dem Bündnis und mit sechs Ministerien auf Augenhöhe zur Union sieht. Die CSU muss Einschnitte in ihren Ressorts hinnehmen, wie Parteichef Horst Seehofer am Sonntag indirekt einräumte.
Größte Überraschung bei der Union: Die bisherige Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) wechselt als erste Frau in Deutschland ins Verteidigungsministerium. Die SPD holt sich viel externen Sachverstand in ihre Ressorts. An diesem Dienstag soll Merkel zum dritten Mal zur Regierungschefin gewählt werden. Dann werden auch die Minister ernannt und vereidigt.
Gabriel übernimmt ein neues Wirtschafts- und Energieministerium. Durch den Neuzuschnitt bündelt die SPD das zentrale Thema Energiewende in ihren Ressorts Wirtschaft und Energie sowie Umwelt, Reaktorsicherheit und Bau. Zudem bekommt sie mit dem Verbraucherschutz im Justizministerium eine wichtige Abteilung aus dem Agrarressort der CSU.
Merkel machte am Sonntagabend deutlich, dass sie bei der Energiewende weiterhin ein gewichtiges Wort mitreden will. „Vielleicht gehört es ja auch zu den Besonderheiten der Geschichte, dass jetzt drei ehemalige Umweltminister, nämlich Herr Gabriel, Herr Altmaier und ich, wesentlich an der Bewältigung der Energiewende mitarbeiten werden. Wir haben jedenfalls 'ne Menge Sachverstand für diese Fragen in der Bundesregierung gesammelt“, sagte sie.
Die CDU stellt neben Kanzlerin Merkel den Kanzleramtsminister und besetzt fünf Ministerien, die CSU drei. Der bisherige Umweltminister Peter Altmaier wird Nachfolger des scheidenden Kanzleramtschefs Ronald Pofalla. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe wird Gesundheitsminister, Johanna Wanka (CDU) bleibt Bildungsministerin und Wolfgang Schäuble Finanzminister. Verteidigungsminister Thomas de Maizière kehrt auf den Posten des Innenministers zurück.
CSU-Chef Seehofer schickt den bisherigen Generalsekretär Alexander Dobrindt, Hans-Peter Friedrich und Gerd Müller als Minister ins Bundeskabinett. Dobrindt wird Minister für Verkehr und digitale Infrastruktur, Innenminister Friedrich wechselt ins Agrarressort und Müller wird Entwicklungsminister. Der bisherige Verkehrsminister Peter Ramsauer scheidet aus dem Kabinett aus.
Seehofer sagte dazu, die CSU wolle mit dem Entwicklungsressort ihr außenpolitisches Profil schärfen. Friedrich habe den Vorschlag, ins Agrarressort zu wechseln, „offensiv angenommen“. Das Ministerium sei wichtig für Bayern und die bayerische Landwirtschaft.
Für die SPD soll Schatzmeisterin Barbara Hendricks das neue Umwelt- und Bauressort leiten, der saarländische Wirtschaftsminister Heiko Maas das neu zugeschnittene Justiz- und Verbraucherministerium. Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier geht wie von 2005 bis 2009 ins Auswärtige Amt. Generalsekretärin Andrea Nahles übernimmt das Ressort für Arbeit und Soziales. SPD-Vize Manuela Schwesig wechselt ins Familienministerium. SPD-Fraktionschef soll Thomas Oppermann werden.
Mit dem bisherigen Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), Jörg Asmussen, holt sich die SPD externen Sachverstand. Asmussen wird Staatssekretär im Arbeitsministerium. Er war vor seiner EZB-Zeit Staatssekretär im Finanzministerium.
Wie Gabriel im „Bericht aus Berlin“ der ARD weiter ankündigte, soll der Chef der Verbraucherzentrale Bundesverband, Gerd Billen, Staatssekretär im Justiz- und Verbraucherministerium werden. Ex-Umwelt-Staatssekretär Rainer Baake von der Stiftung Energiewende Agora wird Staatssekretär für das Ressort Wirtschaft und Energie. Jochen Flasbarth, Präsident des Umweltbundesamtes, geht als Staatssekretär ins Umweltressort.
SPD-Vize Aydan Özoguz wird neue Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration. Damit nimmt erstmals eine Frau mit türkischen Wurzeln am Kabinettstisch Platz. Die bisherige Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Medien, Monika Grütters (CDU), wird Kulturstaatsministerin im Kanzleramt, die Integrationsbeauftragte Maria Böhmer (CDU) Staatsministerin im Auswärtigen Amt.
Neuer CDU-Generalsekretär soll der 39-jährige hessische Bundestagsabgeordnete Peter Tauber werden, CSU-Generalsekretär der bisherige Parlamentarische Staatssekretär im Verkehrsministerium, Andreas Scheuer. Die SPD sucht nach Andrea Nahles erneut eine Frau als Generalsekretärin.
Die Linkspartei will offensiv um das knappe Viertel der SPD-Gegner einer großen Koalition werben. „Wir machen ab sofort eine Politik der Einladung für alle, die links gegen die große Koalition sind“, sagte Parteichef Bernd Riexinger der „Leipziger Volkszeitung“ (Montag). Die Grünen warfen Schwarz-Rot vor, zu wenig für den Klimaschutz tun zu wollen. Zudem gebe es „in dieser Koalition keine Lobby mehr für Bürgerrechte“, sagte Grünen-Parteichef Cem Özdemir.