Das schwere Erbe der Familien-Unternehmer

Bis 2018 stehen 135 000 Firmen zur Übergabe an. Für die Inhaber eine heikle Aufgabe.

Markus Tress (44) übernahm das Unternehmen seines Vaters.

Markus Tress (44) übernahm das Unternehmen seines Vaters.

Foto: Sebastian Kahnert

Münsingen. Die Firma vom Vater übernehmen? Für Markus Tress lange Zeit unvorstellbar. „Jeden Mittag, samstags, sonntags immer die Probleme“, sagt der heute 44-Jährige. „Ich wollte mein eigenes Ding machen.“

Der Wirtschaftsingenieur heuerte zunächst bei einem Druckmaschinenhersteller an — und folgte dann doch dem Ruf des Vaters. Seit 2012 ist er geschäftsführender Gesellschafter des schwäbischen Nudelherstellers, der den Familiennamen trägt.

Die Art und Weise, wie Tress in die Firma mit Sitz in Münsingen einstieg, ist eher ungewöhnlich. Er übernahm ein Gesellschafterdarlehen und kaufte seinen Vater aus dem Unternehmen heraus. Meist werden Firmen innerhalb der Familie vererbt oder verschenkt. Dadurch müssen die Angehörigen sich nicht verschulden, um die Nachfolge anzutreten.

Außerdem hat es bislang Vorteile vor dem Fiskus: Werden Arbeitsplätze erhalten, können die Erben von der Steuer befreit werden. Wie das in Zukunft geregelt sein wird, ist Inhalt des Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht, das am Dienstag begonnen hat. Die Richter sollen klären, ob Betriebsvermögen weiterhin von der Erbschaftsteuer verschont bleiben.

Etwa 135 000 Firmen stehen nach Schätzung des Instituts für Mittelstandsforschung bis 2018 zur Übergabe an. Gut zwei Millionen Arbeitsplätze sind damit verbunden. Die Anzahl der Interessierten werde — rein rechnerisch — die Anzahl der übernahmewürdigen Unternehmen zwar größtenteils noch übersteigen. Das Nachfolgerpotenzial schrumpft aber.

Seit das geltende Erbschaftsteuerrecht auf dem Prüfstand steht, werden die Firmen teilweise panikartig und nicht gut durchdacht weitergegeben, stellt Peer-Robin Paulus vom Verband der Familienunternehmer fest.

Die Sorge: Fällt der Steuervorteil weg, muss der Nachfolger unter Umständen sogar Teile der Firma verkaufen, um die Forderungen des Finanzamtes zu begleichen. Denn die Steuer würde auch auf Betriebsvermögen wie Maschinen oder Gebäude fällig.

„Man sucht in der Situation nach Lösungen — zum Beispiel, dass die Substanz schon auf den potenziellen Nachfolger übergeht, Erträge und Führung aber beim Senior bleiben“, erläutert Rechtsanwalt Heinrich Hübner, der Firmen bei Übergaben berät.

Der Druck wachse auch von anderer Seite, erklärt Guy Selbherr, Vorstand der Bürgschaftsbank Baden-Württemberg, die Firmen bei der Nachfolgeregelung finanziell unter die Arme greift. „Das geht soweit, dass Firmen keine Finanzierung mehr bekommen, weil sie ihre Nachfolge noch nicht geregelt haben.“