SPD für drastische Konsequenzen aus Spionageaffäre
Berlin (dpa) - In der Affäre um mutmaßliche US-Spionage beim Bundesnachrichtendienst wird der Ruf nach harten Konsequenzen immer lauter. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von einem „sehr ernsten Vorgang“.
Justizminister Heiko Maas (SPD) warf den Amerikanern sogar „Überwachungswahn“ vor. Die SPD setzt sich für eine Ausweisung von US-Agenten ein, sollte sich der Verdacht der US-Spionage beim BND bestätigen.
„Die Hintermänner in der US-Botschaft in Berlin müssen belangt werden“, forderte Generalsekretärin Yasmin Fahimi. Auch eine Ausweitung der Spionageabwehr des Verfassungsschutzes auf die befreundeten US-Dienste ist im Gespräch.
Vergangenen Mittwoch war ein BND-Mitarbeiter festgenommen worden, der innerhalb von zwei Jahren 218 Dokumente für 25 000 Euro an US-Geheimdienste verkauft haben soll. Die Bundesregierung will sich nicht zu den Einzelheiten äußern, solange der Generalbundesanwalt ermittelt. Die US-Regierung schweigt bisher ganz zu dem Thema.
Merkel äußerte sich nach anfänglichem Zögern erstmals auf ihrer China-Reise dazu: „Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, so steht das für mich in einem klaren Widerspruch zu dem, was ich unter einer vertrauensvollen Zusammenarbeit von Diensten und von Partnern verstehe.“
Maas und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) drängten die Amerikaner zur Aufklärung. „Sollten sich die Verdachtsmomente bestätigen, ist das auch politisch ein Vorgang, bei dem man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen kann“, sagte Steinmeier bei einem Besuch in der Mongolei. Das weitere Vorgehen hänge von den weiteren Erkenntnissen der Ermittlungen ab.
Zu den Forderungen nach Ausweisung von amerikanischen Diplomaten sagte Steinmeier: „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bleibt es dabei, dass wir die Reihenfolge aufrechterhalten: Erst Klärung und dann entscheiden, was zu tun ist.“
Steinmeiers Parteifreundin Fahimi sprach sich aber schon klar für eine Ausweisung aus, sollten sich die Spionagevorwürfe bestätigen. „Sofern sich der Verdacht weiter erhärtet, gehen wir davon aus, dass die Agentenführer aus Deutschland schnellstmöglich ausgewiesen werden“, sagte sie. „Dieser Vorfall ist eine weitere schwere Belastung für das deutsch-amerikanische Verhältnis.“ Es sei unter befreundeten Staaten völlig inakzeptabel, BND-Mitarbeiter als Spione anzuwerben. Das vergifte auch das Klima für Projekte wie das transatlantische Freihandelsabkommen.
Im Innenministerium wird laut „Bild“-Zeitung schon über die Ausweitung der Spionageabwehr auf die US-Dienste nachgedacht. Minister Thomas de Maizière (CDU) soll in einer internen Runde von der dringenden Notwendigkeit gesprochen haben, einen „360-Grad-Blick“ zu erlangen.
Das Blatt zitierte aus einem „Geheimpapier“ des Ministeriums, in dem von einer konkreten „Planung von Gegenmaßnahmen“ die Rede ist. Diese sollen unter anderem die Kommunikationsüberwachung betreffen. Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hatte bereits nach Bekanntwerden der NSA-Spähaktionen eine „Neujustierung der Spionageabwehr, eine Art 360-Grad-Blick“ angekündigt.
Der für die Spionageabwehr zuständige Verfassungsschutz konzentrierte sich in der Vergangenheit komplett auf jene Dienste, von denen er Schnüffeleien erwartete. Dazu zählen die aus Russland und China.
Der Anwalt des mutmaßlichen US-Spions hält seinen Mandanten nicht für einen Profi-Agenten. „Ich habe schon viele Spionagefälle bearbeitet, aber mein Mandant macht auf mich nicht den Eindruck eines professionellen Spions“, sagte der Rechtsanwalt Klaus Schroth der Nachrichtenagentur dpa.