Der Fall Hoeneß und die CSU
Lange suchten Horst Seehofer und seine Partei die Nähe zum Präsidenten des FC Bayern. Dies nutzt die SPD nun aus.
München. Horst Seehofer musste dringend weg. Er hatte einen Termin beim Präsidenten. Anfang 2012 verließ der bayrische Regierungschef das Treffen der CSU-Bundestagsabgeordneten in Wildbad Kreuth, um Uli Hoeneß ein paar Kilometer entfernt am Tegernsee zum 60. Geburtstag zu gratulieren. Ein paar Tage später, bei der großen Geburtstags-Sause des FC-Bayern-Präsidenten in München, war Seehofer ebenfalls einer der wichtigsten Gäste. Und Edmund Stoiber auch.
Uli Hoeneß und die CSU: Das ist nicht irgendeine Beziehung, und der Vereinsboss ist für die Partei nicht irgendwer. Deshalb sorgen sich viele Christsoziale, dass ihre Partei in die Affäre um die Steuerhinterziehungs-Vorwürfe gegen Hoeneß hineingezogen werden könnte — ausgerechnet wenige Monate vor den wichtigen Wahlen in Bayern und im Bund. Der Fall könne der CSU durchaus schaden, räumt einer aus der Parteiführung ein. Weil man die Nähe zu Hoeneß gesucht habe — und umgekehrt.
Zwar ist nicht davon auszugehen, dass irgendein führender oder ehemals führender CSU-Politiker von Hoeneß’ Millionen in der Schweiz gewusst hat. „Man kennt von den Leuten, mit denen man sich trifft, nicht immer gleich alle dunklen Seiten“, sagte ein Christsozialer. Und doch hat der Fall Hoeneß auch Seehofer persönlich schneller erreicht, als dem Politiker lieb sein dürfte. Seehofer sagte, er sei bereits vor „einer geraumen Zeit“ über das Verfahren informiert worden. „Das müssen jetzt die Justiz- und Finanzbehörden regeln.“
Die engen Bande zwischen Hoeneß und der CSU sind bekannt — von den persönlich engen Beziehungen zwischen dem 61-Jährigen auf der einen Seite und Seehofer, Stoiber & Co. auf der anderen ganz abgesehen. 2010 war Hoeneß beispielsweise auch zu Gast bei einer CSU-Vorstandsklausur in Wildbad Kreuth. Damals empfahl der FC-Bayern-Mann der Partei: „Ziel muss sein, wieder ganz nach oben zu kommen, und oben heißt für mich 55 Prozent.“ Und Seehofer sagte voller Hochachtung: „Vom FC Bayern kann man sich abgucken, wie man trotz großer Herausforderungen Erfolg haben kann.“
Die CSU versuchte sogar, Hoeneß offiziell zu ihrem Kandidaten zu machen. So soll die oberbayerische CSU-Bezirksvorsitzende Ilse Aigner dem Fußball-Präsidenten einen durchaus aussichtsreichen Platz auf der Landtagsliste angeboten haben — Hoeneß aber sagte ab. Heute dürfte Aigner wohl froh darüber sein.
Seehofers Kontrahent, SPD-Spitzenkandidat Christian Ude, lästerte mit Blick auf das von der CSU befürwortete Steuerabkommen mit der Schweiz: „Allgemein gesprochen muss ich sagen, dass ich es seit Jahren nicht verstehe, warum die CSU so viele Sympathien für Steuerhinterzieher hegt, obwohl sie sonst so für ,Law and Order’ auftritt.“ Dass Hoeneß „so heftige Sympathien für die CSU“ hege, finde bald vielleicht eine zusätzliche Erklärung, spekulierte der bayrische SPD-Politiker.