Der Innenminister und seine vielen Baustellen
Der Austausch der gesamten Spitze der Bundespolizei bringt Friedrich harsche Kritik ein.
Berlin. Angeblich wollte Hans-Peter Friedrich nie Bundesinnenminister werden. Als der CSU-Politiker vor 17 Monaten die Nachfolge von Thomas de Maizière (CDU) antrat, lag dies vor allem an der Personalknappheit seiner Partei, die ihren Hoffnungsträger Karl-Theodor zu Guttenberg wegen dessen Plagiatsaffäre verloren hatte.
Es war die Pflicht, die ihn rief, und Friedrich gehorchte ohne Begeisterung. Vielleicht hat er geahnt, dass er in diesem Amt nicht glücklich werden würde.
Mit dem spektakulären Personalwechsel an der Spitze der Bundespolizei richtet der Innenminister alle Scheinwerfer nicht nur auf die Problembehörde, sondern auch auf sich und seine Amtsführung. Der gefeuerte Bundespolizei-Chef Matthias Seeger beschwert sich öffentlich — angeblich erfuhr er aus den Medien von seiner Ablösung. Es sei ein „würdeloser Vorgang“, wie das Bundesinnenministerium mit dem Führungspersonal der Bundespolizei umgehe, sagte Seeger der „Bild“.
„Das ist unehrenhaft und geradezu beschämend“, fügte er hinzu. Das sei „nicht glücklich“ gelaufen, gibt Friedrichs Sprecher zu — aber Schuld des Ministeriums sei das natürlich nicht.
Weil keine Gründe für die Entlassung Seegers und die Versetzung seiner beiden Stellvertreter genannt werden, halten sich Gerüchte über die Kontakte des Bundespolizei-Chefs nach Weißrussland und dabei angeblich mangelnde Distanz. Allein darum wird es aber nicht gegangen sein. Vor allem rückt die Organisation der 40 000 Bundespolizisten ins Blickfeld, in der einiges im Argen liegt. Die Stimmung unter den früheren Grenzschützern ist miserabel, ihre Bezahlung schlecht. Eine Reform der Bundespolizei erscheint dringlich.
Die Ablösung der Spitze als Reformsignal erscheinen zu lassen, ist nicht so recht gelungen. Experten stellten fest, dass Friedrich erneut die Nachfolge mit Vertrauten aus dem Ministerium besetzt — ein echter Neuanfang sieht anders aus. Neuer Chef der Bundespolizei soll der bisherige Referatsleiter für Terrorismus-Bekämpfung im Innenministerium, Dieter Romann, werden.
Anders als seine Vorgänger Wolfgang Schäuble (CDU) und Otto Schily (SPD) hat sich der Jurist Friedrich bislang nicht als klassischer „Sheriff“ gezeigt. Auch manche in der Union, die die innere Sicherheit als eines der Kernthemen ihrer Partei sehen, halten Friedrich deshalb nicht für die Idealbesetzung als Innenminister.
Auch nach dem Bekanntwerden der Neonazi-Morde setzten andere die Akzente — wie etwa Kanzlerin Angela Merkel, die die Taten wiederholt als „Schande für Deutschland“ bezeichnete. Friedrich gab sich eher zurückhaltend. „Ich bin kein Hoppla-jetzt-komm-ich-Typ“, hat der Vater dreier Kinder einmal gesagt — manche werfen ihm mangelnde Durchsetzungsfähigkeit vor.