Der manchmal gar nicht so nette Herr Tauber
Mobbing- und Sexismus-Vorwürfe gegen den CDU-Generalsekretär bringen auch Angela Merkel in die Bredouille
Berlin. Viertagebart, eckige Brille, sportlich. Äußerlich kommt CDU-Generalsekretär Peter Tauber eher als Hipster rüber denn als knochentrockener Parteifunktionär. Sein jugendliches Alter, 42, und das nette Lächeln tun ein Übriges. Tauber symbolisiert die moderne CDU. Doch der Mann kann auch anders, wie sich jetzt zeigt. Und Angela Merkel, die ihn 2013 nach der gewonnenen Bundestagswahl mit der Reform der Partei betraute, hat unversehens ein Problem.
Es geht um Mobbing, Sexismus und rüde Beschimpfungen, und es sind keine Jugendsünden. Der eine Fall spielt zwar vor zehn Jahren, doch war Tauber da schon 32 Jahre alt. Die Junge Union, die in Taubers CDU-Heimat-Kreisverband Main-Kinzing die Führungspositionen übernommen hatte, wollte die praktisch unkündbare Kreissekretärin loswerden. Tauber war damals hessischer JU-Landesvorsitzender. Es wurde ein Papier unter dem sarkastischen Titel "Pflegehinweise für das Kaninchen" geschrieben. Die Dame solle aufgefordert werden, freiwillig zu gehen, stand darin. Wenn nicht, werde man ihr androhen, ihre Tochter, die auch bei der CDU beschäftigt war, zu entlassen. Es folgte eine Liste weiterer Schikanen. Tauber leugnet, das Papier verfasst zu haben. Gibt aber zu, dass er es kannte.
Es wirkt ein wenig wie der Satz "Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen", den der frühere Kanzleramtschef Ronald Pofalla, auch schon mal CDU-Generalsekretär, dem Abgeordneten Wolfgang Bosbach entgegenschleuderte. Auf einmal wird deutlich, wie die netten Herrschaften intern so reden. Das gilt auch für den zweiten Fall. Tauber hatte flugs nach den Sexismus-Vorwürfen einer jungen Berliner CDU-Politikerin gegen ihren Landesverband in der letzten Woche eine Debatte über Sexismus in den eigenen Reihen gefordert. Nicht nur, dass er wenig später eingestehen musste, selbst mit der Frau einen "Flirt" gehabt zu haben:
Kurz danach wurde ein Mailverkehr aus dem Jahr 2012 bekannt, wieder aus seinem Heimatkreis. Diesmal erörterten die jungen Männer an der Spitze, wer Chefin der örtlichen Frauen Union werde solle. Einer bemerkte über eine Kandidatin: "Rein optisch wäre sie ein Gewinn." Tauber las es - und widersprach der Wortwahl nicht. "Super. Eine junge Frau, die super passen würde."
In Berlin wird schon gerätselt, ob und wann Angela Merkel die Notbremse zieht. Denn Tauber hat einen wichtige Aufgabe: Er muss den nächsten Bundestagwahlkampf für die CDU organisieren. Alles andere als eine weiße Weste des Wahlkampfmanagers würde die Union angreifbar machen. Schwierig genug wird die Aufgabe für Tauber sowieso werden: die AfD sitzt seiner Partei im Nacken. Die letzten Landtagswahlen wurden von der CDU alle versemmelt - schon deshalb ist Taubers Arbeit innerparteilich nicht mehr unumstritten.
Der Mann hat inzwischen viele Gegner. Da sind jene, denen der drahtige Hesse wegen seiner Vorliebe für Schwarz-Grün äußerst suspekt ist - wie den Mitgliedern des konservativen "Berliner Kreises", die immer wieder einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik fordern und auch die Rückbesinnung der Union auf ihre traditionellen Werte. Laut einem "Welt"-Bericht vom Freitag hat sich Tauber wegen der Flüchtlingsfrage im November mit Merkel-Kritikern heftig gestritten und gesagt: "Wer hier nicht für Angela Merkel ist, ist ein Arschloch und kann gehen."
Ganz in Pofalla-Manier. Tauber am Freitag kleinlaut: "Wenn der Ausdruck gefallen sein sollte, dann tut es mir leid." Mittlerweile wird auch in Merkels politischem Dunstkreis erste Kritik geübt. Noch außerhalb der Öffentlichkeit zwar, aber doch vernehmbar. Die Kampagne- und Reaktionsfähigkeit des von Tauber geführten Konrad-Adenauer-Hauses wird thematisiert, eine "gewisse Trägheit" festgestellt. Wo bleibe die schnelle Antwort, wenn die CDU-Chefin öffentlich angegriffen werde, wird gefragt. Dahinter verbirgt sich die Sorge, dass der Generalsekretär, der politisch relativ unerfahren ins Amt kann, seiner Aufgabe in härteren Zeiten womöglich nicht gewachsen ist.
Allerdings ist Tauber beim Austeilen nicht zimperlich, wie sich in der Vergangenheit auch bei Twitter nachlesen ließ. Da bezeichnete er einen User als "Drecksnazi" oder antwortete mit dem Satz: "Sie sind ein Arschloch", um noch ein Smiley hinzuzufügen. Das Echo darauf war geteilt. Tauber ist nun mal ein Netzfreak. Er joggt auch gerne. Dann veröffentlicht er bei Twitter seine Laufzeiten und Fotos von sich, was ihm schon viel Spott eingebracht hat, ihn aber nicht kümmert. Da bleibt er cool, so, wie er ja auch gerne gesehen werden will. Könnte sein, dass Tauber irgendwann wieder mehr Zeit haben wird, seinem Lieblingshobby zu frönen.