Deutsche sind die Überstunden-Könige

Berlin (dpa) - Die Menschen in Deutschland arbeiten nach Berechnungen der Brüsseler EU-Kommission deutlich länger als in den Tarifverträgen vereinbart. Der zuständige EU-Sozialkommissar Laszlo Andor sagte der Zeitung „Die Welt“ (Montag).

„In keinem Land der Euro-Zone gibt es einen so großen Unterschied zwischen der tarifvertraglich vereinbarten Wochenarbeitszeit und der tatsächlichen Wochenarbeitszeit wie in Deutschland. Die tarifvertraglich festgelegte Wochenarbeitszeit liegt in Deutschland bei 37,7 Stunden, tatsächlich arbeiten die Beschäftigten aber 40,4 Stunden in der Woche.“

Andor fügte hinzu: „Man kann darüber unterschiedlicher Meinung sein, ob eine solche Entwicklung vorbildlich ist.“ Jedes Land habe aber bei der Arbeitszeit seine Eigenheiten. „Wichtig ist am Ende, dass jedes Land wettbewerbsfähig ist. Dazu gehören aber viele Faktoren, die Arbeitszeit ist nur eine davon.“ Der EU-Kommissar verwies zugleich darauf, dass die Deutschen im Schnitt immer noch weniger arbeiten als viele Arbeitnehmer im europäischen Ausland.

Der EU-Kommissar wandte sich gegen Forderungen von Kanzlerin Angela Merkel nach einer stärkeren Angleichung des Rentenalters in Europa. „Wir wollen bei Arbeitszeiten, Urlaub und Rentenalter keine Gleichmacherei in Europa.“ Dies könne nicht der Zweck der geplanten engeren wirtschaftspolitischen Zusammenarbeit zwischen den europäischen Volkswirtschaften sein. Andor: „Bei der Festsetzung des Rentenalters in einem Land sind beispielsweise das Verhältnis zwischen alten und jungen Menschen, die Lebenserwartung, die Produktivität und das durchschnittliche Berufseintrittsalter von großer Bedeutung. Das ist in jedem Land unterschiedlich, darum ist auch das Renteneintrittsalter unterschiedlich.“