Deutschen droht die Ausbürgerung
Die Frist für die doppelte Staatsbürgerschaft läuft ab. Wer sich nicht entscheidet, verliert seinen deutschen Pass.
Düsseldorf. Tausenden jungen Deutschen droht ab diesem Jahr die Ausbürgerung. Nämlich dann, wenn sie die doppelte Staatsbürgerschaft besitzen und sich nicht bis zu ihrem 23. Geburtstag für einen Staat entschieden haben. Allein in NRW sind laut Innenministerium in diesem Jahr rund 1100 Personen betroffen, bundesweit 3316 — der Großteil mit türkischen Wurzeln.
Grund für die Frist ist die im Jahr 2000 gesetzlich beschlossene „Optionslösung“, die nun erneut zum politischen Zankapfel in Berlin wird: Opposition und FDP sind für eine Reform des Entscheidungszwangs, die Union stellt sich quer.
Vor dem Treffen mit Angela Merkel am Montag in Ankara forderte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan die dauerhafte doppelte Staatsbürgerschaft in Deutschland. Das lehnt die Bundeskanzlerin ab. SPD-Chef Sigmar Gabriel wirft Merkel eine Hinhaltetaktik vor. Er kündigte die Einführung einer doppelten Staatsbürgerschaft ohne Frist für den Fall an, dass seine Partei nach der Bundestagswahl mit den Grünen regieren werde.
Nach der aktuellen Rechtslage bekommt ein in Deutschland geborenes Kind, von dem sich mindestens ein Elternteil länger als acht Jahre regelmäßig im Land aufhält, neben der Staatsbürgerschaft der Eltern auch den deutschen Pass. Ab der Volljährigkeit muss sich die Person dann binnen fünf Jahren für einen Staat entscheiden, fordert das Gesetz. Wird die Staatsbürgerschaft des anderen Landes nicht aufgegeben, wird die deutsche ungültig. Ausnahme sind Personen, deren Eltern EU-Bürger sind.
Binnen weniger Jahre wird die Zahl derer, die vor die Wahl gestellt sind, drastisch ansteigen — auf bis zu 70 000 pro Jahr. Denn als das Gesetz eingeführt wurde, gab es rückwirkend die Option, dass Eltern für ihre ab 1990 geborenen Kinder den deutschen Pass beantragen konnten. Nur wenige machten davon Gebrauch, deshalb gibt es aktuell noch relativ wenige Fälle.