Deutschland kappt seine Notreserve
In Depots lagern Tausende Tonnen Lebensmittel für den Kriegsfall. Jetzt soll das Konzept reformiert werden.
Berlin. Die wenigsten Menschen in Deutschland wissen: In knapp 150 Lagern liegen — bundesweit verstreut — 600 000 Tonnen Getreide, 65 000 Tonnen Reis, dazu Tausende Tonnen an Erbsen, Linsen, Vollmilchpulver und Kondensmilch. In einem Verteidigungsfall sollen mit diesen Vorräten kurzfristig Engpässe überbrückt werden.
Insgesamt haben die Waren einen Wert von 200 Millionen Euro. Allein das Vorhalten der Lebensmittel kostet den Bund rund 20 Millionen Euro im Jahr. Doch das ist den Haushältern einerseits zu teuer, andererseits nicht mehr zeitgemäß.
Sie machen Druck auf die schwarz-gelbe Koalition. Nach Informationen unserer Zeitung hat der zuständige Ausschuss des Bundestages die Mittel für die Lebensmittelbevorratung gekappt.
Angesichts der internationalen Vernetzung Deutschlands und der hohen Verfügbarkeit von Lebensmitteln könne die Notfallversorgung auch anders garantiert werden, sagt der Unions-Experte Georg Schirmbeck.
Im Krisenfall würde „keiner verhungern“. Schirmbeck sieht die Sache zugleich praktisch: Heutzutage könne kaum mehr jemand etwas „mit einer Tüte Getreide anfangen, schon gar nicht ein Brot backen“. Auch die Bedrohungsszenarien hätten sich verändert. Ging es früher um Krieg, müsse heute eher auf mögliche Naturkatastrophen reagiert werden.
Ähnlich sieht es auch der Bundesrechnungshof: Es gebe „kein Gesamtkonzept zur Krisenbewältigung“, heißt es in den jüngst vorgestellten Bemerkungen der Rechnungsprüfer. Gut 2,5 Millionen Euro wurden deshalb jetzt vom Haushaltsausschuss für das Jahr 2013 gestrichen.
Dadurch soll der Druck auf den Bund erhöht werden, sich mit den Ländern auf ein neues Konzept zu verständigen. Geplant ist zudem, die Mittel für die Reserve weiter „sukzessive“ herunterzufahren.