DGB fordert betriebliche Altersvorsorge als Pflicht
Berlin (dpa) - Wenn die gesetzliche Rente nicht reicht, kann eine Betriebsrente helfen. Doch hier gibt es große Lücken in Deutschland. Soll betriebliche Altersvorsorge zur Pflicht werden?
Arbeitgeber und Gewerkschaften fordern eine deutliche Stärkung der Betriebsrente in Deutschland. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) verlangte, dass die betriebliche Altersvorsorge zum Regelfall wird. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer wandte sich gegen einen neuen gesetzlichen Zwang.
Nur rund 60 Prozent der Beschäftigten in Deutschland haben eine betriebliche Altersversorgung. 2015 will Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) Verbesserungen im Zuge der Umsetzung von EU-Recht auf den Weg bringen. Konkrete Pläne sind noch nicht bekannt.
„Bei der Betriebsrente brauchen wir eine Verpflichtung“, sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Berlin. „Es gibt Branchen, da gibt es solche Betriebsrenten nicht, etwa im Catering und den personenbezogene Dienstleistungen.“
Kramer sagte der dpa: „Der Schlüssel für eine weitere Verbreitung von Betriebsrenten sind bessere Rahmenbedingungen und nicht staatliche Zwangslösungen.“ Steuer- und beitragsfreie Einzahlungen in die betriebliche Altersvorsorge sollten in höherem Umfang möglich werden. „Bei den niedrigen Zinsen ist nun einmal mehr finanzieller Aufwand erforderlich, um eine Alterssicherung aufbauen zu können.“
Hoffmann forderte ein energischeres Vorgehen gegen Altersarmut. „Das Absicherungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung darf nicht unter 50 Prozent fallen.“ Hintergrund ist, dass dieser Abstand zwischen Arbeits- und Renteneinkommen absehbar wächst. Laut Gesetz soll das Rentenniveau bis 2030 nicht unter 43 Prozent fallen.
Kramer verlangte geeignete Rahmenbedingungen für längeres Arbeiten als bisher vielfach üblich. Die Beschäftigungslage älterer Arbeitnehmer habe sich in den vergangenen 15 Jahren bereits enorm verbessert. „Die Koalition darf diesen arbeitsmarktpolitischen Erfolg nicht gefährden.“ So wandte sich Kramer gegen alle Überlegungen, den frühestmöglichen Rentenzugang bereits vor 63 Jahren zu erlauben.
Solche Ansätze ignorierten den zunehmenden Fachkräftemangel und die Finanzierbarkeit der Rentenversicherung. „Wir müssen alle Anstrengungen darauf richten, dass ältere Arbeitnehmer möglichst lange erwerbstätig bleiben“, betonte Kramer.
In der Koalition wird derzeit erwogen, dass Ältere leichter in Teilrente gehen und mehr als bisher hinzuverdienen können sollen. Kramer unterstützte dies: Hinzuverdienstgrenzen sollten gelockert, Kombination von Teilrente und Erwerbstätigkeit vereinfacht werden.
Auch Hoffmann sprach sich für flexible Übergänge vom Erwerbsleben in den Ruhestand aus, damit Menschen länger gesund arbeiten können. „Da gibt es erheblichen Nachholbedarf.“
Der DGB-Chef verwies als beispielhaft auf die Chemie-Industrie. In Tarifverträgen sei hier ein Demografiefonds vereinbart worden - mit mittlerweile 560 Euro pro Beschäftigten und Jahr. „Alle betroffenen Arbeitnehmer in Wechselschicht über 57 Jahre bekommen aus diesem Topf einen Tag in der Woche Arbeitszeitverkürzung finanziert“, erläuterte Hoffmann. Mit solchen Modellen sei es möglich, dass Menschen etwa nicht schon mit 60, sondern erst mit 64 Jahren ausscheiden. „Das können die Gewerkschaften aber nicht allein regeln, wenn es einen vollen Lohnausgleich geben soll“, sagte Hoffmann. „Deshalb brauchen wir eine funktionierende Teilrente.“