Die CDU vor dem Wahl-Gau
Nach 58 Jahren an der Macht droht Mappus eine bittere Niederlage. Nicht wegen Stuttgart 21, sondern wegen der Atompolitik.
Stuttgart. Viele hoffen noch, dass ihnen das politische Desaster erspart bleibt, aber nicht wenige in der machtverwöhnten Südwest-CDU denken schon über die Zeit nach dem Tag X nach. Denn die Gefahr des Machtverlusts bei der Wahl am Sonntag war für die seit 58 Jahren regierende Partei zwischen Main und Bodensee noch nie so groß.
Inzwischen wird CDU-Landeschef und Ministerpräsident Stefan Mappus von etlichen in der eigenen Partei mehr als Risiko denn als Hoffnungsträger angesehen. Selbst sein Staatsminister Helmut Rau (CDU) sieht Mappus durch den Streit um die Atompolitik belastet.
Dabei hatte es bis zur Reaktorkatastrophe in Japan wieder ganz gut ausgesehen für die Landes-CDU. Der Streit über das umkämpfte milliardenschwere Bahnprojekt Stuttgart 21 war abgeflaut, selbst in den Umfragen konnte sich die CDU/FDP-Koalition nach der Schlichtung durch Heiner Geißler wieder erholen. Dann kam Fukushima, und die Umfragewerte brachen wieder massiv ein — auf gerade noch 43 Prozent. Vor allem aber sind die Werte des Amtsinhabers in den Keller gegangen.
So stellte Infratest dimap bei einem direkten Vergleich selbst für den als farblos geltenden SPD-Herausforderer Nils Schmid einen Vorsprung gegenüber Mappus fest: Wäre eine Direktwahl des Regierungschefs möglich, würden 39 Prozent der Befragten für Schmid und 37 Prozent für Mappus votieren.
Kaum einer hatte sich so brachial für längere Laufzeiten der deutschen Reaktoren ins Zeug gelegt wie Mappus. Er hatte sogar dem auf einen moderateren Kurs dringenden Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) den Rücktritt nahegelegt.
SPD und Grüne im Land versuchen, Mappus vor sich herzutreiben und propagieren einen Ausstieg aus der Atomkraft schon bis 2017. Vor allem die Grünen könnten der CDU Wähler abspenstig machen. Dem wertkonservativen Spitzenkandidaten Winfried Kretschmann wird selbst bei der Union zugetraut, bis weit in bürgerliche Kreise hinein Stimmen zu sammeln.
Die Grünen rechnen sich deshalb gute Chancen aus, erstmals im Südwesten auch einige Direktmandate zu holen. Bislang hat die CDU stets den Löwenanteil der 70 Wahlkreise direkt gewonnen.
Und daran klammert sich die CDU auch diesmal. Union und FDP versuchen ihre Stammklientel zu mobilisieren. Die CDU setzt vor allem auf ihre Wähler in ländlichen Regionen, die FDP um die Landesvorsitzende und Bundestagsfraktionschefin Birgit Homburger auf ihre Verankerung im Mittelstand.