Zwischenbilanz Die Frauenquote scheint in den Führungsetagen zu wirken
Minister ziehen ein positives Fazit nach sechs Monaten. Bei Vorstandsposten hapert es aber noch.
Berlin. Die zu Jahresbeginn eingeführte verbindliche Frauenquote hat bereits nach sechs Monaten zu einer erheblichen Steigerung des Frauenanteils in den Führungsetagen deutscher Firmen geführt. Allerdings bisher fast nur in den Aufsichtsräten, nicht in den Vorständen. Das ist die erste Bilanz der für die Reform verantwortlichen SPD-Minister Manuela Schwesig (Frauen) und Heiko Maas (Justiz). Das Gesetz war lange zwischen Union und SPD sehr umstritten gewesen.
Die 151 größten börsennotierten Unternehmen müssen neuerdings eine feste Frauenquote von 30 Prozent in den Aufsichtsräten einhalten. Nur 50 der Firmen hatten seit Jahresbeginn Wahlen, und sie alle erfüllten die Vorgabe. Im Schnitt stieg der Frauenanteil bei ihnen von 23 auf rund 30 Prozent. Auf alle 151 bezogen liegt man zwar nur bei 25 Prozent (plus vier gegenüber Januar), doch dürfte das steigen, wenn auch die anderen Unternehmen ihre turnusmäßigen Aufsichtsratswahlen haben, erwarten Maas und Schwesig. Bei den Unternehmen mit Bundesbeteiligung ist inzwischen ein Frauenanteil von 33 Prozent in den Aufsichtsräten erreicht.
Alle anderen großen mitbestimmungspflichtigen Unternehmen, insgesamt rund 3.500, müssen sich bis Jahresende Zielvorgaben geben und diese veröffentlichen. Und zwar auch für die Vorstände und für die zweite Führungsebene. 363 haben solche Ziele schon formuliert. Ein Fünftel von ihnen strebt für die Aufsichtsräte die 30 Prozent an, die für die Großunternehmen gelten, 54 Prozent definieren ein Ziel, das irgendwo oberhalb von Null liegt.
Viel schlechter sieht es bei den Vorstandsposten aus. Hier liegt der Frauenanteil kaum verändert bei nur 6,4 Prozent (gegenüber 5,6 Prozent zu Jahresbeginn). Allerdings laufen die Verträge der Manager lange, so dass die Regierung erst im Laufe dieses und des nächsten Jahres mit Veränderungen rechnet. 84 Prozent aller Unternehmer, die schon Ziele definiert haben, wollen wenigstens eine Frau in der ersten und 94 Prozent mindestens eine in der zweiten Führungsebene beschäftigen.
Maas sagte, entscheidend sei, dass das Gesetz einen "kulturellen Wandel" in Gang gesetzt habe. Er äußerte die Hoffnung, dass die Beschäftigung von Frauen in Führungspositionen nun immer selbstverständlicher werde. Auch auf den niedrigeren Führungsebenen und in technologischen Berufen, "so dass wir das Gesetz irgendwann gar nicht mehr brauchen".
Schwesig betonte, das Gesetz strahle auch auf andere Bereiche aus. So habe die Caritas, obwohl gar nicht betroffen, sich auf eine Frauenquote von mindestens 20 Prozent in ihren Führungsetagen festgelegt. Andererseits, so die Familienministerin, zeigten die Zahlen bei den Vorstandsposten, dass noch "Luft nach oben" sei. Sie werde zusammen mit Maas die weitere Entwicklung beobachten und im nächsten Jahr daraus Schlüsse ziehen.