Porträt Heiko Maas: der Aufsteiger

Berlin (dpa) - Diplomatisches Geschick hat Heiko Maas schon öfter mal bewiesen. In den vergangenen schwarz-roten Jahren musste er regelmäßig ran, um mit seinem Kabinettskollegen, Innenminister Thomas de Maizière (CDU), rechtliche Lösungen für heikle Streitfragen der Koalition zu finden.

Foto: dpa

Die beiden regelten das meist vergleichsweise geräuschlos, hinter den Kulissen. Maas ist kein Polterer, kein emotionsgetriebener Politiker, sondern eher der nüchterne Typ.

Trotzdem weiß er, sich in Szene zu setzen. Aus seinem Posten als Justizminister hat er viel herausgeholt - auch und gerade für die eigene Profilierung. Nun soll er von Sigmar Gabriel das Außenministerium übernehmen. Für ihn ist es ein großer Sprung, für das Amt ist es durchaus ein Wagnis.

Bei der Kabinettsbesetzung 2013 war Maas damals ein Überraschungskandidat. Bis dahin war der SPD-Mann auf Bundesebene wenig in Erscheinung getreten. Maas hatte zunächst Karriere in seiner Heimat, dem Saarland, gemacht: erst als Staatssekretär, dann als Ressortchef im Umweltministerium, später als Wirtschaftsminister und Vize-Regierungschef. Seit 2000 ist er auch Chef der Saar-SPD. Den Posten will der 51-Jährige nun abgeben. Maas konzentriert sich inzwischen ganz auf die Bundesebene, sitzt nun auch im Bundestag.

Als Justizminister machte sich Maas bundesweit einen Namen. Er produzierte jede Menge Gesetze: Frauenquote, Mietpreisbremse, Anti-Terror-Gesetze oder neue Vorgaben beim Verbraucherschutz. Er handelte sich auch viel Kritik ein: Etwa mit seinem Schwenk bei der Vorratsdatenspeicherung oder seinem umstrittenen Gesetz gegen Hetze im Internet. Aber vor allem verschaffte sich Maas bei alldem viel Aufmerksamkeit. Auch dadurch, dass er sich gerne und ausgiebig ebenso zu Themen jenseits der eigenen Ressortzuständigkeit äußerte.

Mit harten Worten gegen Fremdenfeinde ist der SPD-Politiker außerdem zu einer Art Hassfigur für Rechtsextreme geworden. Beschimpfungen und Bedrohungen sind für ihn Alltag. Maas hat auch schon mal eine Neun-Millimeter-Patrone im Briefkasten seiner Privatwohnung gefunden. Provozieren lässt er sich durch solche Anfeindungen nicht, bleibt ruhig und behält einen sachlichen Tonfall.

Wohlgesinnte loben, Maas zeige Haltung, habe ein Gespür für Themen und sei eben umtriebig. Kritiker werfen ihm dagegen Aktionismus und übermäßig viel Eigenwerbung vor. Er weiß durchaus, sich in Szene zu setzen: Stilsicher gekleidet, souverän im Auftreten, rhetorisch solide und sehr präsent in Medien und sozialen Netzwerken.

Und Außenpolitik? Viel hat der Jurist bei diesem Thema nicht an Erfahrung vorzuweisen. Maas hat als Justizminister zwar einige Reisen gemacht und Kontakte zu Amtskollegen in anderen Ländern aufgebaut. Hinzu kamen regelmäßige Beratungen der EU-Justiz- und Innenminister in Brüssel. Und als Saarländer hat er von Hause aus eine besondere Verbindung zu Europa und auch zum Nachbarland Frankreich. Er spricht ein bisschen Französisch und passables Englisch, heißt es. Aber als großer Außenpolitiker ist er bislang nicht in Erscheinung getreten.

Maas tritt in große Fußstapfen. Mit Gabriel und Frank-Walter Steinmeier hat er zwei Vorgänger, die das Amt auf völlig unterschiedliche Weise geführt haben: Steinmeier als Superdiplomat, der Außenpolitik vor allem als kleinteiligen Verhandlungsprozess verstand. Gabriel als Undiplomat, der den großen Auftritt mit klaren, teils provokativen Ansagen auf der internationalen Bühne liebte. Irgendwo zwischen diesen beiden Extremen wird sich Maas einordnen.

Seine vielleicht größte Herausforderung wird es aber sein, sich innerhalb der Bundesregierung zu behaupten. Denn Außenpolitik wird nicht nur im Auswärtigen Amt, sondern zu einem sehr großen Teil im Kanzleramt und - soweit es die wichtige Europapolitik betrifft - im Finanzministerium gemacht. Das Finanzressort wird dadurch aufgewertet, dass es künftig vom Vizekanzler geführt wird: Olaf Scholz. Früher saß der Vize-Regierungschef oft im Auswärtigen Amt. Hans-Dietrich Genscher (FDP), Joschka Fischer (Grüne) und zuletzt Gabriel sind nur einige Beispiele.

Unterstützung für den Start ins neue Amt könnte Maas von seiner Partnerin Natalia Wörner bekommen. Die Schauspielerin, mit der er seit 2016 liiert ist, war vor ein paar Jahren die Hauptfigur in der Fernsehserie „Die Diplomatin“. Als Vorbereitung für ihre Rolle als Außenamtsmitarbeitern für besonders schwierige Fälle reiste sie auch mal im Regierungsflieger des damaligen Außenministers Steinmeier mit. Nun ist Maas dran.