Die Grünen suchen den Kurs der Zukunft

Auf dem dreitägigen Parteitag wird das Wahldebakel aufgearbeitet und eine neue Führung gewählt.

Berlin. „Miteinander für Morgen“ — das Motto des am Freitagabend beginnenden Bundesparteitages der Grünen in Berlin erinnert an den Leitspruch einer Selbsterfahrungsgruppe. Aber solche Parallelen liegen ja auch nahe. Schließlich hat die Partei die Erfahrung einer krachenden Wahlniederlage gemacht, und muss nun sehen, wie sie aus dem mentalen Tief wieder herauskommt.

Im Mittelpunkt der dreitägigen Veranstaltung steht die Wahl einer neuen Führung. Spannung verspricht aber auch die Aussprache zum Wahldesaster. Es geht um zwei unterschiedliche Denkschulen über Ursachen und Konsequenzen des mageren 8,4-Prozent-Ergebnisses, bei der sich traditionell die Partei-Flügel von Linken und Realos gegenüber stehen.

Während Spitzenkandidat Jürgen Trittin dort vorrangig Vermittlungsprobleme und eine angebliche Gegen-Kampagne von Wirtschaft und Medien für das schlechte Abschneiden der Grünen verantwortlich machte, sahen Super-Realos wie Winfried Kretschmann die Wahlniederlage im scharfen Linkskurs, mithin in falschen inhaltlichen Schwerpunkten begründet.

Der noch amtierende Parteivorstand hat nun versucht, es jedem Recht zu machen. In seinem Antrag für den Parteitag werden sowohl ungünstige äußere Einflüsse als auch hausgemachte Fehler wie die schief gelaufene Steuerdebatte aufgelistet. Bei den künftigen Machtoptionen soll ebenfalls kein Flügel vergrault werden. „Grundsätzlich sind wir bereit, mit allen demokratischen Parteien zusammenzuarbeiten, wenn die inhaltlichen Schnittmengen tragen“, heißt es. Andere Optionen als Rot-Grün „müssen grundsätzlich möglich sein“.

Auch für die aktuelle Regierungsbildung hält sich die Führung eine Hintertür offen. So wird zwar darauf hingewiesen, dass Schwarz-Grün derzeit nicht infrage kommt. Damit wären die Grünen aber zurück im Spiel, falls sich die SPD-Basis einer großen Koalition verweigern sollte.

Diese Maxime entspricht auch den Erklärungen von Parteichef Cem Özdemir, der sich auf dem „Realo-Ticket“ erneut für den Grünen-Vorsitz bewirbt. Özdemirs Plädoyer ist auch deshalb brisant, weil die 47-jährige Saarländerin Simone Peter vom linken Flügel für den Co-Vorsitz kandidiert und schon mal vorsorglich bei Schwarz-Grün gebremst hat. Vielleicht geben die Wahlergebnisse für die beiden Auskunft darüber, welche Position mehr Unterstützung genießt.