Hartz IV — eine Reform mit Licht und Schatten

Vor zehn Jahren stimmte der Bundestag dem umstrittenen Gesetz zu. Eine Bilanz.

Berlin. Am Donnerstag vor zehn Jahren hat der Bundestag Hartz IV zugestimmt — einem Grundpfeiler der größten Arbeitsmarktreform in der Geschichte der Bundesrepublik. Mit ihr wollte die damalige Regierung von Gerhard Schröder (SPD) nicht weniger erreichen als die Halbierung der Arbeitslosenzahlen. Der Paritätische Sozialverband etwa bezeichnet Hartz IV jedoch als „soziale Sackgasse“. Eine Auseinandersetzung mit den gängigsten Vorwürfen:

In der Tat beziehen viele Menschen die Sozialleistung über einen langen Zeitraum. Von den sechs Millionen Hartz-IV-Empfängern, die die Bundesagentur für Arbeit im Dezember 2012 verzeichnete, schafften es nur acht Prozent innerhalb von drei Monaten aus der Abhängigkeit herauszukommen. Die Mehrheit bezieht die Sozialleistung länger als zwei Jahre, 46 Prozent sogar länger als vier Jahre.

Die Zahl der Arbeitslosen ist seit 2005 deutlich zurückgegangen — von damals 4,9 auf 2,9 Millionen. Die Zahl der Hartz-IV-Empfänger ist auch gesunken, aber in deutlich geringerem Umfang: von damals 6,8 auf heute 6,1 Millionen. Ganz wichtig: Nur 1,9 Millionen Menschen davon sind tatsächlich arbeitslos. Der Rest nimmt etwa an einer Umschulung teil, ist in vorruhestandsähnlichen Regelungen, erkrankt oder Aufstocker.

Ja. Die Hartz-Reformen haben geringfügige Beschäftigung wie etwa die „Mini-Jobs“ hervorgebracht. Durch sie sollen Schwarzarbeit abgebaut und die Schaffung flexibler Arbeitsplätze ermöglicht werden. Zudem zahlen die derzeit 7,3 Millionen Mini-Jobber weitgehend keine Sozialabgaben. Gewerkschaften kritisieren, dass dadurch Vollzeitstellen verdrängt werden. Eine Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung bestätigte, dass dies vor allem im Einzelhandel vorkommt. Eine Folge: 30 Prozent der Hartz-IV-Bezieher sind Geringverdiener, die ihr Einkommen durch Sozialleistungen aufstocken.

Ja und nein. Bundesagentur-Vorstandsmitglied Heinrich Alt sagte 2011 im Gespräch mit der „Süddeutschen Zeitung“, dass es einen harten Kern gebe, der kaum zu vermitteln sei. Etwa 20 Prozent der arbeitslosen Hartz-IV-Empfänger benötigten 80 Prozent der Mittel. Dennoch wird den Hartz-Reformen zugutegehalten, dass sie den Trend zur Sockelarbeitslosigkeit gestoppt haben. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen sinkt langsam, aber kontinuierlich.