Hoch umstrittenes Konzept Die Rätsel der Vermögensteuer

Berlin · Das Präsidium der SPD hat zwar ein Konzept zur Wiedereinführung der vermögensteuer verabschiedet. Viele Details liegen aber noch im Dunkeln.

 Die SPD will Superreiche stärker zur Kasse bitten. Wie die Neuauflage der 1995 abgeschafften Vermögensteuer aussehen soll, ist aber noch unklar. Im September möchte die SPD-Spitze dazu weitere Informationen liefern.

Die SPD will Superreiche stärker zur Kasse bitten. Wie die Neuauflage der 1995 abgeschafften Vermögensteuer aussehen soll, ist aber noch unklar. Im September möchte die SPD-Spitze dazu weitere Informationen liefern.

Foto: picture alliance/dpa/Monika Skolimowska

Das Präsidium der SPD hat am Montag ein Konzept zur Wiedereinführung der Vermögensteuer verabschiedet. Die meisten Details bleiben aber offen. Ein genauer  Vorschlag soll bis Ende September vorliegen.

Eigentlich wollte der kommissarische Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel das schon im Vorfeld politisch hoch umstrittene  Konzept am Montagmittag im Willy-Brandt-Haus persönlich vorstellen. Doch wegen Magenproblemen musste er die Reise nach Berlin absagen, sodass die SPD-Spitze die Pläne nur fernmündlich miteinander diskutieren und beschließen konnte. In einer Telefonschalte informierte Schäfer-Gümbel dann auch die Medien.

Nach seiner Darstellung handelt es sich um eine Grundsatzentscheidung der Parteiführung zur stärkeren Belastung von Superreichen. Dazu hätte es auch die Möglichkeit einer höheren Erbschaftsteuer oder eines höheren Spitzensteuersatzes gegeben. Solche Instrumente ließen sich jedoch von politischen Gegnern leicht „denunzieren“, meinte  Schäfer-Gümbel mit Verweis auf  unliebsame Erfahrungen, die man vor der jüngsten Bundestagswahl mit einem Reformkonzept zum Einkommensteuertarif gemacht hatte.  Die Vermögensteuer sei dagegen schon wegen ihres Namens das richtige Instrument, denn da „weiß  jeder, um was es geht“, meinte Schäfer-Gümbel.

In der Parteispitze ahnt man allerdings, dass viele Menschen trotzdem verunsichert sein könnten. So wolle man dann auch mit „hohen Freibeträgen“ arbeiten, um Ängste vor dem fiskalischen Zugriff „auf Omas klein’ Häuschen“ gar nicht erst entstehen zu lassen, versicherte Schäfer-Gümbel. Gemeint seien nur  „Mulitimillionäre“. Sie sollen pro Jahr ein Prozent, bei „sehr hohen Vermögen“ auch 1,5 Prozent beispielsweise auf Grundbesitz, Immobilien und Bargeld abgeben. Ab welchem Vermögen genau, ist aber noch nicht festgelegt. Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) verfügt das reichste Prozent der privaten Haushalte in Deutschland über nahezu ein Viertel des gesamten Nettovermögens.

Zugleich will die SPD auch Betriebe, insbesondere Kapitalgesellschaften, zur Kasse bitten, ohne dabei jedoch Jobs zu gefährden, wie es in der Vorlage heißt. Hier liegen die Details jedoch ebenfalls noch im Dunkeln.  Allgemein ist auch nur von „Verschonungsregeln“ die Rede, um zu verhindern, dass Unternehmen wegen einer Schieflage gezwungen wären, Maschinen oder Grund und Boden zu veräußern. Insgesamt soll die Vermögensteuer dem Staat jährlich etwa zehn Milliarden Euro einbringen. Höchstens acht Prozent davon, also 800 Millionen Euro, betrage der  Verwaltungsaufwand, erklärte Schäfer-Gümbel. Der große Rest ist laut SPD-Konzept zur Begleichung überfälliger Investitionen wie beispielsweise in Schulen oder Schwimmbäder gedacht.

Bundesverfassungsgericht hatte Instrument nicht verboten

Schäfer-Gümbel ließ keinen Zweifel daran, dass man sich mit der Vermögensteuer stärker als linke Volkspartei profilieren will. Er versuchte aber den Eindruck zu zerstreuen, der Steuer-Vorstoß sei ein Schnellschuss im Hinblick auf  die anstehenden Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg, wo die SPD massive Verluste fürchten muss. Bereits vor zwei Jahren hatte die Partei eine Arbeitsgruppe unter seiner Leitung  eingesetzt, um Chancen für eine Wiedereinführung auszuloten. 1995 hatte das Bundesverfassungsgericht die Vermögensteuer wegen der unterschiedlichen Bewertung von Immobilien- und Kapitalvermögen für grundgesetzwidrig erklärt, das Instrument selbst aber nicht grundsätzlich verworfen. Das Jahresaufkommen betrug damals umgerechnet 4,6 Milliarden Euro.

Ein konkreter Plan soll bis zu einer zweitägigen Parteiklausur vorliegen, die am 28. September startet. Im Dezember will man dann auf dem Bundesparteitag darüber abstimmen. Während die Union den Vorstoß am Montag erneut als konjunkturfeindlich  ablehnte, präsentierte die Linkspartei ein eigenes Vermögensteuer-Konzept. Damit sollen gar 80 Milliarden Euro pro Jahr in die Kassen kommen – Auftakt für einen neuen Steuerwettlauf im linken Parteienspektrum?