Drogenvorwürfe: Michael Hartmann taucht ab und schweigt

Nach den Drogenvorwürfen legt der Abgeordnete zunächst alle Ämter nieder, um sein Mandat will er aber kämpfen — später.

Der Bundestagsabgeordnete Michael Hartmann soll Chrystal Meth gekauft haben. Foto: dpa

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Berlin/Mainz. Ein Sommerumtrunk mit Blick über Berlin gehört zu den schöneren Terminen im Leben eines Abgeordneten. Für gestern Abend hatte das SPD-Netzwerk, ein Reformerflügel in der Bundestagsfraktion, zum Einläuten der parlamentarischen Sommerpause geladen. Im Vorstand sitzt auch Michael Hartmann. Doch er hat alle Termine abgesagt und lässt nur seinen Anwalt sprechen.

Die SPD-Fraktionsspitze ist erschüttert und kann den Vorwurf, dass der 51-Jährige die schnell süchtig machende Modedroge Crystal Meth gekauft haben soll, kaum glauben. Niemand habe irgendwelche Veränderungen bei Hartmann festgestellt, heißt es. Mehrere Abgeordnete wollen ihm helfen.

Auf Anfragen reagiert Hartmann nicht — sein Büro verschickt nur eine Mitteilung des von Hartmann eingeschalteten Berliner Anwalts Johannes Eisenberg. Der SPD-Politiker bemühe sich, „den genauen Inhalt der und die Gründe für die Vorwürfe durch Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft zu klären“. Der Vorwurf lautet auf Erwerb von Betäubungsmitteln in eigenverbrauchsüblicher Menge. Die Ermittler sollen bei der Telefonüberwachung eines Dealers auf ihn aufmerksam geworden sein. Im anwaltlichen Schreiben wird der Vorwurf nicht dementiert. Es gehe aber laut Staatsanwaltschaft keineswegs um eine Drogenmenge, wie sie „pressenotorisch geworden ist“, schreibt der Anwalt. Es war über bis zu 100 Gramm Crystal Meth spekuliert worden.

Jens Guth, Generalsekretär der SPD in Rheinland-Pfalz

Rückendeckung kommt von der SPD in Hartmanns Heimat: „Für uns gilt auf jeden Fall die Unschuldsvermutung“, betont Generalsekretär Jens Guth in Rheinland-Pfalz. „Drogen und Michael Hartmann lassen sich nicht miteinander vereinbaren nach unserer Wahrnehmung.“

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft hatte der Bundestag die Immunität Hartmanns aufgehoben. Dafür braucht es handfeste Beweise. Deshalb muss es nichts bedeuten, dass bei einer Razzia in seiner Wohnung keine Drogen gefunden wurden.

Aber vorerst ist alles nur ein Verdacht. Hartmann will sich mehrere Wochen zurückziehen. Die Posten als Innenpolitischer Sprecher und Mitglied des mit der Überwachung der Geheimdienste betrauten Parlamentarischen Kontrollgremiums hat er umgehend aufgegeben.

Aus jüngster Zeit ist vor allem der Fall des CDU-Abgeordneten Andreas Schockenhoff bekannt - hier ging es aber um das Thema Alkohol. Der stellvertretende Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion nahm 2011 wegen einer Alkoholkrankheit für mehrere Wochen eine Auszeit und machte eine Therapie. Nachdem er beim Ausparken ein anderes Auto touchiert hatte, war wegen des Verdachts der Unfallflucht und Trunkenheit im Verkehr ermittelt worden. Ein Gericht verhängte eine Geldstrafe. Schockenhoff machte daraufhin seine Alkoholprobleme öffentlich — und heute ist er weiterhin ein geachteter Unions-Fraktionsvize.