#koeln3107 Erdogan-Demo: In Köln wird mit Gewalt gerechnet

15 000 Menschen sollen für Erdogan auf die Straße gehen. Politiker und Polizei befürchten Ausschreitungen.

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Köln. Wenn am Sonntag in Köln knapp 17.000 Menschen zusammenkommen, wird es an Spannung nicht fehlen. Spannung, die in Gewalt umschlagen kann. Denn allein 15.000 Demonstranten werden an der Deutzer Werft erwartet. Zwischen der Deutzer und der Severinsbrücke, gegenüber dem Schokoladenmuseum, werden sie für den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan demonstrieren. Angemeldet wurde die Demonstration von der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD), die als verlängerter Arm des türkischen Machthabers gilt. Das Thema der Demo birgt Zündstoff. Es heißt: „Militärputsch in der Türkei.“ Knapp 2000 Gegendemonstranten von den Jugendverbänden der Parteien sowie Linken und Rechten werden erwartet.

Politiker befürchten, dass es zu Gewaltausbrüchen kommen könnte. NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hat zur Mäßigung aufgerufen. „Bitte bleiben Sie besonnen, und bleiben Sie vor allem friedlich“, sagte sie in einer Video-Botschaft. Joachim Stamp, Sprecher für Integrationspolitik der FDP-Landtagsfraktion, sagte: „Wir sehen die Demonstration, die rechtlich zulässig ist, sehr kritisch“. Er gehe davon aus, dass der Verfassungsschutz die Szene beobachtet. Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach brachte sogar ein Verbot der Demo ins Spiel.

Viele gehen davon aus, dass mit der Demo innertürkische Konflikte nach Deutschland getragen werden. In der Türkei besteht seit einem gescheiterten Putschversuch der Ausnahmezustand. Die Türkei ist faktisch eine Diktatur, die Opposition wird mit Gewalt bekämpft. Der Türkeiexperte Burak Copur, Politikwissenschaftler an der Universität Duisburg—Essen, sagte erst kürzlich, dass er von einer Zunahme der Gewalt auch in Deutschland ausgehe.

Trotzdem ist mit einem Verbot der Demonstration nicht zu rechnen. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) gab über Facebook ein Statement ab. „Demonstrationen und Versammlungen stehen unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit, die in Artikel 8 des Grundgesetzes festgeschrieben ist.“ Ein Verbot komme nur als letztes Mittel in Betracht, „wenn drohende Gefahren für die Öffentlichkeit nicht anders abgewehrt werden können.“

Laut Jäger wird die Polizei die Versammlung schützen. Die Kölner Polizei wird mit 2000 Mann im Einsatz sein. Polizeipräsident Jürgen Mathies betont aber einen anderen Aspekt als den Schutz der Demo. Er sagte: „Wir wissen und erwarten, dass extrem unterschiedliche politische Gesinnungen aufeinandertreffen und dass Teilnehmer der Versammlungen zum Teil stark emotionalisiert sind.“ Er warnt, dass die Polizei gegen jegliche Form von Gewalt und Aufrufe zur Gewalt entschlossen einschreiten werde. Die Erwartungen sind klar. Auch weil die UETD bereits früher als rabiat gegenüber Kritikern aufgefallen ist.

Ähnlich unwahrscheinlich wie ein Verbot der Demonstration ist ein Verbot des gesamten Vereins. Die Hürden dafür sind enorm hoch — vergleichbar mit dem bei einem Verbot von Parteien. Dafür bedarf es Straftaten, die klar dem Verein zugeschrieben werden und einer generellen Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, heißt es aus Sicherheitskreisen. Der NRW-Fraktionsvorsitzende der Grünen, Mehrdad Mostofizadeh, sagte, die „rechtlich notwendigen Voraussetzungen dafür sehen wir derzeit nicht.“ Das Bundesinnenministerium will sich zu Verbotsüberlegungen „grundsätzlich nicht äußern“.

Bülent Bilgi, der Generalsekretär der Union Europäisch-Türkischer Demokraten, bestritt derweil, dass mit der Demonstration türkische Konflikte nach Deutschland getragen werden könnten. „Das ist absolut nicht unser Ziel“, sagte Bilgi.

Die Demonstration werde keineswegs nur von der UETD getragen, sondern von vielen Vereinen, Verbänden und Migrantengesellschaften und auch von linken Gruppen, die in Opposition zu Erdogan stünden. „Unsere Intention ist es, die Harmonie in der türkischen Community wiederherzustellen“, sagte Bilgi. „Unsere Demonstration trägt dazu bei, die Gräben zuzuschütten.“