Meinung Kraft und Jäger kneifen
Die Ministerpräsidentin ruft per Video-Botschaft zur Besonnenheit auf, ihr Innenminister erklärt unter Berufung auf diese Botschaft, warum er die Demonstration der Erdogan-Anhänger am Sonntag in Köln angeblich nicht verbieten kann: Ralf Jäger begründet das mit der Versammlungsfreiheit, Artikel 8 des Grundgesetzes.
Und Hannelore Kraft versichert den „Bürgerinnen und Bürgern mit türkischen Wurzeln“, selbstverständlich hätten sie das Recht, für ihre Überzeugungen zu demonstrieren.
Das ist eine erstaunliche Rechtsauffassung. Oder ist über Nacht das Grundgesetz geändert worden? Bis Mittwoch hieß es dort nicht, dass jeder türkische Schreihals, der eine SMS aus Ankara erhalten hat, auf Geheiß Erdogans und seiner Schergen in Köln die Straßen unsicher machen darf. Bis Mittwoch lautete der Artikel 8 wörtlich: „Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“
Erdogans AKP ist aber keine deutsche Partei, ihre Funktionäre sind keine Deutschen. Die AKP-geführte „Union Europäisch-Türkischer Demokraten“, (sie hat die Demonstration angemeldet) ist ein Verein.
Statt bittend aufzurufen und die eigene Machtlosigkeit zu erklären, sollten Kraft und Jäger mal ein paar Verbote erörtern. Ausländer-Vereine wie die UETD kann man nämlich ebenso verbieten wie die politische Tätigkeit von Ausländern, wenn sie zum Beispiel „das friedliche Zusammenleben von Deutschen und Ausländern oder von verschiedenen Ausländergruppen im Bundesgebiet“ gefährden oder „sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland“ beeinträchtigen.
Was für die UETD gilt, gilt auch für Ditib, den staatlich-türkischen Moschee-Verband in Deutschland, bei dem die rot-grüne Landesregierung gerade gutachterlich prüft, ob er zur Religionsgemeinschaft erhoben werden kann. Die NRW-Grünen lehnen das inzwischen ab. Ob Kraft und Jäger dazu eine Haltung haben, ist nicht bekannt.