Erste Hoffnungszeichen im Tarifkonflikt
Potsdam (dpa) - Im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes gibt es erstmals Bewegung. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Verdi-Chef Frank Bsirske bekräftigen am Donnerstagabend nach stundenlangen zunächst ergebnislosen Verhandlungen gemeinsam ihren Einigungswillen.
Es gebe zwar noch in allen Punkten Differenzen. Man wolle aber nichts unversucht lassen, diese noch zu überwinden, unterstrichen Friedrich wie Bsirske überraschend bei einem gemeinsamen Auftritt vor Journalisten am Verhandlungsort Potsdam.
Arbeitgeber und Gewerkschaften verhandeln seit Mittwoch über die Gehälter der zwei Millionen Tarifbeschäftigten in den Kommunen und beim Bund. Friedrich sagte: „Ich kann noch kein Endergebnis verkünden, auch noch kein konkretes Zwischenergebnis. Aber wir wollen alles dran setzen, um zu einen Abschluss zu kommen.“ Man wolle die Nacht für weitere Verhandlungen nutzen, notfalls auch noch den Freitagvormittag, sagte Friedrich.
Beide Seiten wollten damit demonstrieren, dass das System der gemeinsamen Lohnfindung von Arbeitgebern und Gewerkschaften auch im öffentlichen Dienst noch funktioniert, sagte Friedrich. Ziel sei es, eine Schlichtung zu vermeiden. 2008 und 2010 konnte der Tarifkonflikt nur mit einer Schlichtung gelöst werden.
Die Verhandlungen wurden nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa zunächst durch einen neuen Vorstoß der Arbeitgeber erschwert. Sie verlangten einen finanziellen Ausgleich für das jüngste Urlaubsurteil des Bundesarbeitsgerichtes. Die Richter hatten Mitte März die bisherige Altersstaffel im Manteltarifvertrag für den öffentlichen Dienst für nichtig erklärt. Damit haben auch Mitarbeiter unter 40 Jahren Anspruch auf 30 Urlaubstage pro Jahr.
Nach Rechnung der kommunalen Arbeitgeber führt dies zu einem Verlust von 1,6 Millionen Arbeitstagen im Jahr und zu Mehrkosten von 250 Millionen Euro. Dies müsse beim Gesamtvolumen eines möglichen Gehaltsabschlusses berücksichtigt werden, argumentieren die Arbeitgeber. Die Rechnung wird von den Gewerkschaften bestritten. Der Urlaubsanspruch ist im Manteltarifvertrag geregelt. Er ist nicht gekündigt und steht auch in Potsdam nicht zur Verhandlung an.
Zwei Verhandlungsrunden Anfang und Mitte März waren bereits ergebnislos verlaufen. Wegen der hohen Beteiligung an den beiden Warnstreikwellen im Nahverkehr, Kitas und auf Flughäfen sehen die Gewerkschaften erheblichen Rückenwind für ihre Position. Bsirske sagte: „Wir werden jetzt sehen, ob die Signale bei den Arbeitgebern richtig angekommen sind.“
Die Gewerkschaften verlangen 6,5 Prozent mehr Geld, mindestens aber 200 Euro - bei einjähriger Laufzeit des Tarifvertrages. Die Arbeitgeber haben angeboten, die Gehälter mit einem Stufenmodell innerhalb von zwei Jahren um 3,3 Prozent anzuheben.
Kommt es trotz der Annäherungen nicht zu einem Ergebnis, gilt als sicher, dass die Arbeitgeber die Schlichtung anrufen. Während die Schlichtungskommission tagt, gilt Friedenspflicht. Neue Streiks sind in dieser Zeit nicht möglich, so dass während der Ostertage nicht mit Verkehrsbeeinträchtigungen zu rechnen ist.