Schulabbrecher sind fast chancenlos

Jeder 15. Jugendliche pro Altersjahrgang bleibt ohne Abschluss. Für die Betroffenen liegt eine feste Arbeitsstelle zumeist in weiter Ferne.

Wiesbaden. Auf dem „Bildungsgipfel“ 2008 hatten sich Bund und Länder ein hohes Ziel gesteckt: Der Anteil der Schulabbrecher sollte in fünf Jahren von acht auf vier Prozent sinken. Noch scheint das in weiter Ferne: 2010 standen 6,5 Prozent der Schulabgänger ohne Abschluss da, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte.

53 058 Jugendliche starteten ins Leben, ohne auch nur einen Hauptschulabschluss in der Tasche zu haben. Vor ihnen lag ein Weg, der nicht selten ins soziale Abseits führt.

Experten wie der Essener Bildungsforscher Klaus Klemm oder Tilly Lex vom Deutschen Jugendinstitut (DJI) fordern Reformen in der Bildungspolitik. „Kein Jugendlicher darf verloren gehen“, sagt Lex, Mitautorin einer Studie, die von 2004 bis 2009 bundesweit 4000 Hauptschulabgänger auf ihrem Weg von der Schule ins Berufsleben begleitet hat. Bei 27 Prozent war dieser Übergang „problematisch“.

Wer keinen Abschluss habe, falle nicht sofort in ein Loch, weiß Lex, stellvertretende Leiterin des Forschungsschwerpunkts „Übergänge im Jugendalter“. „Die meisten werden in berufsvorbereitenden Maßnahmen aufgefangen.“

Zwei Dritteln gelinge es dort, einen Abschluss zu erwerben. Der Rest dreht eine Warteschleife nach der anderen: Praktikum, Fördermaßnahme, Schulung — am Ende wechseln sich oft schlecht bezahlte Jobs und Arbeitslosigkeit ab.

Die meisten Jugendlichen ohne Abschluss haben zuvor eine Förderschule besucht. Nur ein knappes Viertel der Förderschüler schafft einen Hauptschulabschluss, rund 30 000 stehen ohne alles da. Bildungsforscher Klemm sieht diese Schulform kritisch. Die Konzentration lernschwacher Schüler sei problematisch.

Das Gegenmodell: Anders als in Förderschulen, wo die „Zugpferde“ fehlen, werden in heterogenen Leistungsgruppen die Schwächeren hochgezogen.

Keine Erkenntnisse hat das Statistische Bundesamt über Sprachkompetenz der Schulabbrecher. Einer Studie der Bertelsmann-Stiftung zufolge bleiben Migranten überdurchschnittlich häufig ohne Abschluss. Fest steht nach Angaben der Wiesbadener Statistiker hingegen, dass Jungen (7,7 Prozent) häufiger betroffen sind als Mädchen (5,2 Prozent).