Europäischer Gerichtshof erlaubt Netzsperren

Luxemburg (dpa) - Sperren von Internetseiten sind in der Europäischen Union in bestimmten Fällen erlaubt. Das gilt für Websites, über die illegal urheberrechtlich geschütztes Material verbreitet wird.

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Nationale Gerichte können Internetanbieter dazu verpflichten, diese Seiten zu sperren, urteilte der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (Rechtssache C-314/12).

Damit haben Filmfirmen oder Musikverlage ein weiteres Mittel gegen die illegale Verbreitung ihrer Werke in der Hand. Netzaktivisten dagegen kritisierten, dass solche Sperren die Meinungsfreiheit im Internet einschränkten. Sie befürchten, dass auch rechtmäßige Webseiten gesperrt werden könnten.

Das Gericht befand, dass Internetanbieter ihre Kunden daran hindern müssen, urheberrechtlich geschützte Literatur, Filme oder Musik illegal zu nutzen. Dabei müssen aber die Informationsfreiheit der Nutzer und die wirtschaftlichen Interessen der Internetanbieter berücksichtigt werden. Der Europäische Gerichtshof ermahnte die nationalen Gerichte, ein „angemessenes Gleichgewicht“ zwischen diesen Rechten zu beachten, bevor sie eine Sperre anordnen.

Der Internetanbieter muss bei der Umsetzung darauf achten, dass Internetnutzer rechtmäßige Inhalte weiterhin ungehindert ansehen können. Internetnutzer müssten ebenso wie die Internetanbieter gegen eine Sperre klagen können, sagte ein Sprecher des EuGH.

Konkret ging es um die Seite kino.to und den österreichischen Internetanbieter UPC Telekabel. Das deutsche Filmstudio Constantin Film und die Filmproduktionsgesellschaft Wega hatten geklagt, weil auf der Webseite Kopien ihrer Filme ohne ihre Zustimmung verbreitet wurden. Constantin Film und Wega forderten, dass UPC Telekabel die Website sperrt. Der Telekomanbieter wehrte sich. Der österreichische Oberste Gerichtshof schließlich gab die Frage an den EuGH weiter.

Allerdings stellte Kino.to 2011 den Betrieb ein; der Betreiber und mehrere Mitarbeiter wurden verurteilt, einige von ihnen zu Gefängnisstrafen. Daher geht es vor allem um die Frage, ob Netzsperren in ähnlichen Fällen zulässig sind.

Die Luxemburger Richter bejahen dies. Nach ihrer Ansicht ist ein Internetanbieter in diesem Fall ein „Vermittler, dessen Dienste zur Verletzung eines Urheberrechts genutzt werden“. Es müsse nicht extra nachgewiesen werden, dass die Kunden des Internetanbieters tatsächlich auf die geschützten Filme zugreifen.

Filmfirmen müssten sich zunächst unmittelbar an die Betreiber der rechtswidrigen Webseite wenden. Doch nicht immer sind die Website-Betreiber oder deren Internetanbieter greifbar, oft sitzen die Anbieter außerhalb Europas.

Bei einer Sperre gilt: Tippen Kunden diese Webadresse in ihren Internetbrowser ein, dürfen Internetanbieter sie nicht auf die Seite weiterleiten. Allerdings lassen sich die Sperren grundsätzlich mit technischen Mitteln umgehen. Ein ähnlicher Vorschlag für das Sperren von Webseiten mit Kinderpornografie hatte in Deutschland scharfe Diskussionen ausgelöst und wurde schließlich verworfen.

Internetaktivisten kritisierten das Urteil. Sie befürchten, dass auch legale, aber unliebsame Inhalte blockiert werden könnten. „EuGH legt Zensur-Grundlagen“, schrieb das viel gelesene Blog Netzpolitik.org. Alexander Sander von dem Verein Digitale Gesellschaft erklärte, Netzsperren würden die Meinungsfreiheit gefährden und taugten wenig zur Bekämpfung von Rechtsverletzungen. Er plädierte dafür, Webseiten mit illegalen Inhalten zu löschen, anstatt zu sperren.