Ex-Ministerin Stewens ist neue CSU-Fraktionschefin
München/Andechs (dpa) - Die CSU hat eine Personalkrise in Rekordzeit gelöst: Nur einen Tag nach dem Sturz ihres Fraktionschefs Georg Schmid wegen Abzockverdachts wählte die Landtags-CSU Ex-Ministerin Christa Stewens zur Nachfolgerin.
Die 67-Jährige soll die Fraktion bis zur Landtagswahl im September führen.
Parteichef Horst Seehofer reagierte erleichtert auf die schnelle Übergangslösung: Nach all den schwierigen Stunden der vergangenen Tage sei das „ein glücklicher Moment“ für ihn.
Zum Auftakt einer CSU-Vorstandklausur im Kloster Andechs sagte Seehofer dann: „Wenn man ernsthafte Probleme hat, dann muss man die lösen im Leben.“ Er betonte: „Ich kann in meiner Partei und im Freistaat Bayern nicht das geringste an Regelverletzungen dulden.“
Die sechsfache Mutter und zweiundzwanzigfache Großmutter Stewens wurde mit 79 von 80 Stimmen gewählt. Sie war unter Edmund Stoiber lange Sozialministerin und ist in der CSU allgemein geachtet. Schmid war am Donnerstag zurückgetreten, weil er seiner Frau als Sekretärin seit vielen Jahren aus Steuergeldern bis zu 5500 Euro im Monat zahlte.
Stewens hat in ihrer kurzen Amtszeit vor allem die Aufgabe, die Krise um die Selbstbedienungsvorwürfe gegen Schmid und 16 andere CSU-Landtagsabgeordnete endgültig zu bereinigen. „Wir werden alle diese Fragen mit der nötigen Sensibilität behandeln“, sagte sie.
Nach dem Rücktritt Schmids ist vor allem Georg Winter unter Druck, der Vorsitzende des Haushaltsausschusses. Er hatte 2000 seine damals erst 13 und 14 Jahre alten Söhne mit öffentlichen Geldern dafür bezahlt, seine Computer zu warten - auch wenn es dabei nur um geringe Summen ging.
Allerdings hätte der damals 13-Jährige nach geltendem Jugendschutzrecht offenbar nur geringfügige Tätigkeiten übernehmen dürfen, etwa Botengänge oder das Austragen von Werbematerial - nicht aber das Warten eines Computers. Nach einem Bericht der Münchner „Abendzeitung“ muss Winter nun möglicherweise 10 000 Euro ans Parlament zurückzahlen. Eine genaue Prüfung soll es am Montag geben.
Seehofer sagte dazu im Kloster Andechs: „Wenn das so sein sollte, dass das nicht möglich war, dann müssen auch Konsequenzen gezogen werden, ist doch völlig klar.“ Er wolle „keine wochenlange Debatte“.
Insgesamt hatten neben Schmid und Winter 15 weitere CSU-Politiker Verwandte angeheuert. FDP-Fraktionschef Thomas Hacker appellierte erneut an die CSU, die Verschärfung der Offenlegung von Nebeneinkünften doch noch vor den Sommerferien zu regeln.
Die neue Fraktionschefin Stewens erfreut sich so großer Zustimmung in der CSU, weil sie im September nicht wieder für den Landtag kandidiert und somit den Karriereplänen der Parteifreunde nicht im Weg stehen wird. Seehofer kann damit sein Personaltableau nach der Wahl neu sortieren. Vor allem Finanzminister Markus Söder gilt als sehr interessiert am Posten des Fraktionschefs.