FDP will nie wieder Umfallerpartei sein
FDP-Chef Christian Lindner hat seine Partei konsequent auf Kurs Unabhängigkeit geführt — und die macht mit.
Berlin. Man hatte mit der CSU als Jamaika-Killer gerechnet, nicht mit der FDP. Doch wer Christian Lindner in den letzten Monaten vor und nach der Wahl zugehört hat, kann nicht ganz überrascht sein. Der 38jährige hat schon lange mangelnde Konsequenz als Ursache für das Scheitern der Liberalen bei der Wahl 2013 ausgemacht. In seinem jüngst erschienen Buch „Schattenjahre“ schrieb er: „Wenn die Grenze der Glaubwürdigkeit überschritten wird, ist es besser, von Bord zu gehen“. Die FDP müsse ihr altes Image als Umfallerpartei ebenso loswerden, wie das, bloßes Anhängsel der Union zu sein, dem es nur um die Posten gehe.
Das ist Lindners Credo. Seine Erklärung von Sonntagnacht, mit der er die Sondierungen beendete, klang entsprechend: „Es ist besser nicht zu regieren, als falsch zu regieren“. Lindners Unabhängigkeitskurs hatte schon in Niedersachsen zur Ablehnung einer Ampelkoalition mit der SPD und den Grünen geführt. Nun geht es auch nicht mit Union und Grünen. Die FDP gibt sich bockbeinig, wie noch nie in ihrer Geschichte. Manche fragen sich schon, ob sie überhaupt noch regierungsfähig ist.
In den Parteigremien erhielt der Vorsitzende für seinen Kurs einstimmig Rückendeckung. Es gab auch niemanden, der hinten herum Kritik üben wollte. Bei seinen Verhandlungspartnern von Union und Grünen sind freilich nicht wenige der Meinung, dass Lindner Jamaika absichtlich scheitern ließ. Hingewiesen wird darauf, dass er schon vor der Bundestagswahl deutlich gemacht hatte, dass ihm nach der außerparlamentarischen Zeit zunächst der Platz in der Opposition lieber wäre, am liebsten gegen eine große Koalition. Das schlechte Abschneiden der SPD verbaute eine solche Regierungsmöglichkeit aber und zwang zu den Jamaika-Gesprächen. Auffällig war tatsächlich, wie schnell die FDP noch in der Nacht in den sozialen Medien Lindners Sprachregelung kommunizierte. CDU-Vize Julia Klöckner sprach von „gut vorbereiteter Spontanität“ der Liberalen.
In der Pressekonferenz nach der gemeinsamen Sitzung von Vorstand und Fraktion nannte Lindner das eine „Legendenbildung“ und lieferte einen Schwall von Gründen für das Scheitern der Verhandlungen nach. Ob Solidaritätszuschlag, Migration, Kohle oder Bildung — überall seien im Verlauf des Sonntags schon verabredete Kompromisse von den anderen Partnern wieder in Frage gestellt worden. Bereits am Vortag habe er der Union in kleiner Runde mitgeteilt, dass er kaum noch Chancen sehe. Irgendwann am Abend habe man gemeinsam in der FDP-Delegation dann endgültig entschieden, dass „Jamaika weder das Land nach vorne gebracht hätte, noch hinreichend stabil gewesen wäre“. Lindner teilte das den anderen Parteien mit. Danach, so Parteivize Wolfgang Kubicki, „wurde es uns zu blöd und wir sind gegangen“. Zur Presse draußen. Die Liberalen allein. Der Rest ist bekannt.