Grüne zwischen Ärger und Enttäuschung
Berlin. Ziemlich niedergeschlagen kam Winfried Kretschmann am Montag zu den Gremienberatungen in die grüne Parteizentrale. „Fassungslos“ sei er und müsse das Ganze erst mal „verarbeiten“, erklärte der baden-württembergische Ministerpräsident.
Seine Gemütslage stand exemplarisch für die kollektive Stimmung der grünen Jamaika-Unterhändler.
Und auch über den Verantwortlichen des Debakels herrschte Einigkeit: „Eine Partei, die nach der Wahl ihre Bereitschaft zur Regierungsbildung signalisiert hat, und sich dann verantwortungslos und berechnend aus den Verhandlungen stiehlt, betreibt ein falsches Spiel. Die FDP wollte keinen Konsens“, meinte die Parteivorsitzende Simone Peter im Gespräch mit unserer Redaktion.
Der Co-Vorsitzende Cem Özdemir verwies dazu konkret auf das Verhandlungsgezerre über den Abbau des Solidaritätszuschlags. Hier seien die Grünen den Liberalen am Ende sogar noch weiter entgegen gekommen, als die anfangs selbst gefordert hätten, sagt Özdemir.
Nach offiziellem Bekunden will die Partei trotzdem weiter gesprächsbereit bleiben. Doch an eine Neuauflage der Jamaika-Sondierungen glaubt keiner ernsthaft. Auch nicht an eine Minderheitsregierung unter grüner Beteiligung. Neuwahlen seien am wahrscheinlichsten, vermutete die Parteivorsitzende Peter. Und für diesen Fall sei man gut gerüstet.
Immerhin traten die Grünen während der Sondierungen bemerkenswert geschlossen auf. An uns wird die Sache nicht scheitern, lautete die Botschaft, der sich sogar der Parteilinke Jürgen Trittin untergeordnet hatte. Wie geht es jetzt weiter? Am kommenden Samstag findet in Berlin ein grüner Bundesparteitag statt. Ursprünglich sollte die Basis dort über das Ergebnis der Sondierungen befinden und anschließenden Koalitionsverhandlungen ihren Segen geben. Nun könnte das Delegiertentreffen den Auftakt für eine Neuauflage des Wahlkampfes bilden.