Finanzminister senkt Schulden schneller
Berlin (dpa) - Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will bis 2016 einen ausgeglichenen Haushalt praktisch ohne neue Schulden erreichen - es wäre der erste seit mehr als 40 Jahren.
Für den schnelleren Schuldenabbau zapft Schäuble auch die üppig gestiegenen Milliarden-Reserven der Sozialkassen an: Allein 2013 sollen die Zuschüsse um fünf Milliarden Euro gekürzt werden, wie aus den Eckwerten für den Haushalt 2013 und den Finanzplan bis 2016 hervorgeht. Die Milliarden-Kürzungen bei Kranken- und Rentenkasse sowie bei der Bundesagentur für Arbeit sollen jedoch geplante Beitragssenkungen oder höhere Renten nicht gefährden, hieß es.
Die Etat-Eckwerte sollen an diesem Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen werden. Danach soll die Neuverschuldung dank robuster Konjunktur und Steuereinnahmen im nächsten Jahr auf 19,6 Milliarden Euro und bis 2016 auf nur noch 1,1 Milliarden Euro gedrückt werden.
„Der Bundeshaushalt kann 2016 ausgeglichen sein“, hieß es am Freitag in Regierungskreisen. Das letzte Mal hatte der Bund 1969 einen Etat ohne neue Schulden vorgelegt. Die Vorgaben der Schuldenbremse will Schäuble schon 2014 einhalten - zwei Jahre früher als verlangt.
In diesem Jahr steigt die Neuverschuldung wegen der Euro-Hilfen aber stärker als veranschlagt: Da Deutschland den Rettungsschirm ESM wie seit längerem geplant mit rund 8,7 Milliarden Euro Kapital auffüllen muss, klettert 2012 die Kreditaufnahme entsprechend von 26,1 auf 34,8 Milliarden Euro. Der nötige Nachtragsetat dazu soll ebenfalls am Mittwoch vorgelegt werden. In diesem sind auch veränderte Einnahmen wie ein geringerer Bundesbank-Gewinn, aber auch geringere Zinskosten berücksichtigt.
Als „Beitrag zur Konsolidierung“ kürzt Schäuble im nächsten Jahr einmalig den Bundeszuschuss für den Gesundheitsfonds um zwei Milliarden Euro. Im Gegenzug soll Steuergeld zur Förderung privater Zusatzversicherungen für den Pflegefall fließen. Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) verfügt derzeit über ein Finanzpolster von 19,5 Milliarden Euro.
Trotz der Zuschuss-Kürzung bleibt es dabei, dass die Koalition über bis zu 4,4 Milliarden Euro aus dem Fonds verfügen kann. Damit könnte die Praxisgebühr ganz oder teilweise ersetzt werden, wie es die FDP will. Oder der Kassenbeitragssatz von 15,5 Prozent würde gesenkt, was die CDU erwägt. Oder das Geld bleibt als Puffer.
Zugleich kürzt Schäuble den Zuschuss an die Rentenkasse um eine Milliarde Euro. Bis 2016 summieren sich die Kürzungen nach Angaben von Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) auf 4,75 Milliarden Euro. Dies habe aber keine Auswirkungen auf die Rentenerhöhung. Hinzu kommen Einsparungen bei der Bundesagentur für Arbeit von zwei Milliarden Euro 2013 und dann von jährlich je einer Milliarde.
„Die Rente steigt in diesem Jahr um rund 2 Prozent, der Beitragssatz ist in diesem Jahr auf 19,6 Prozent gesunken, und er wird im nächsten Jahr weiter auf 19,2 Prozent sinken und in der mittelfristigen Finanzplanung (2016) dort stabil bleiben“, betonte von der Leyen. „Wir reißen die Beitragsziele auch langfristig nicht.“
Danach darf der Beitragssatz bis 2020 nicht über 20 Prozent, bis 2030 nicht über 22 Prozent steigen. 2011 erhielten die Rentenkassen knapp 59 Milliarden Euro Zuschuss vom Bund. Zum Jahresende hatten die sprudelnden Beitragseinnahmen die „eiserne Reserve“ der Rentenversicherung auf 24 Milliarden Euro aufgestockt.
2013 soll die Neuverschuldung auf 19,6 Milliarden sinken, gut fünf Milliarden Euro niedriger als im noch geltenden Finanzplan. 2014 will der Bund nun 14,6 Milliarden Euro an neuen Schulden machen statt wie bisher veranschlagt 18,7 Milliarden. Das ist immer noch mehr als im Vorkrisenjahr 2008. Für 2015 sieht der neue Finanzplan Schäubles 10,3 Milliarden vor statt 14,7 Milliarden Euro.
Schäuble will dies trotz zusätzlicher Belastungen schaffen: So sind Ausfälle durch die geplante Steuerreform berücksichtigt. Ebenso Kosten für das Betreuungsgeld von 400 Millionen Euro für 2013 und von jährlich 1,2 Milliarden Euro ab 2014. Das Geld muss aber noch an anderer Stelle im Haushalt erwirtschaftet werden. Zudem werden die Kosten für das Elterngeld um jährlich 300 Millionen erhöht. Auch fehlen zwei Milliarden Euro aus der Finanztransaktionssteuer. Hinzu kommen zusätzliche Ausgaben für Bildung und Entwicklungspolitik.