Berlin Flexirente: Ein bisschen mehr Flexibilität im Alter
Der Bundestag beschließt ein Gesetz zum gleitenden Übergang in den Ruhestand.
Berlin. Arbeitnehmer sollen künftig besser gleitend vom Berufsleben in den Ruhestand wechseln können. Außerdem winken Anreize, um auch über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus zu arbeiten. Dazu beschloss der Bundestag am Freitag ein Gesetz, das unter dem Stichwort "Flexi-Rente" lange Zeit umstritten war.
Mit dem Vorhaben hatte die Union auf ein umfangreiches "Gegengeschäft" für die abschlagsfreien Rente mit 63 gehofft, die maßgeblich auf Druck der SPD zustande kam und der Philosophie von der Notwendigkeit einer längeren Lebensarbeitszeit zuwiderläuft.
Der SPD und den Gewerkschaften wiederum wäre es am liebsten gewesen, dass Beschäftigte schon mit 60 "Teilrentner" sein könnten. Nun müssen beide Seiten kleinere Brötchen backen. Der Kompromiss, der grundsätzlich zum 1. Januar 2017 in Kraft tritt, sorgt allenfalls für ein bisschen mehr Flexibilität beim Übergang in den Ruhestand.
TEILRENTE: Nach geltendem Recht wird heute frühestens ab dem 63. Lebensjahr eine Teilrente gewährt. Und zwar zu einem Drittel, zur Hälfte oder zu zwei Dritteln der vollen Rente. Wenn der Zuverdienst jedoch die jeweils entsprechende Grenze nur um einen Cent überschreitet, fällt die Teilrente gleich um eine Stufe niedriger aus. Das ist hoch kompliziert und kaum attraktiv, weshalb im vergangenen Jahr auch nur 4042 ältere Menschen eine Teilrente in Anspruch nahmen.
NEUREGELUNG: Künftig fallen die drei Stufen weg. Pro Jahr können ab 63 neben der vorgezogenen Rente bis zu 6300 Euro hinzuverdient werden, ohne dass die vorgezogene Rente gekürzt wird. Darüber hinaus gehende Zuverdienste werden künftig zu 40 Prozent auf die Rente angerechnet. Liegt der Verdienst also zum Beispiel bei 6301 statt 6300 Euro, wird die Rente um 40 Cent gekürzt. Als Obergrenze gilt: Teilrente und Hinzuverdienst zusammen können bis zum höchsten Bruttoverdienst der vorangegangenen 15 Jahr bezogen werden. Wegen der notwendigen Berechnungsumstellung tritt diese Regelung erst zum 1. Juli 2017 in Kraft.
ANREIZE: Für Personen, die über das reguläre Rententrittsalter hinaus arbeiten und bereits ihre Rente beziehen, muss der Arbeitgeber nach geltendem Recht weiter den hälftigen Anteil der Beiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung abführen. Daraus entstehen dem Arbeitnehmer aber keine Leistungsansprüche. Er ist von den Beiträgen befreitet.
NEUREGELUNG: Künftig kann der arbeitende Rentner seine Rente steigern, wenn er ebenfalls den hälftigen Rentenbeitrag abführt. Bei einem Durchschnittsverdiener im Westen würde sich die Rente für ein zusätzliches Arbeitsjahr aktuell um 30,45 Euro erhöhen. Im Osten wären es 28,66 Euro mehr. Für den Arbeitgeber wiederum entfällt künftig der hälftige Beitrag zur Arbeitslosenversicherung. Laut Union sollen damit auch Arbeitgeber stärker animiert werden, Ältere länger zu beschäftigen. Diese Regelung wird zunächst auf fünf Jahre befristet.
ZWANGSRENTE: Nach den Regeln des deutschen Sozialrechts sind Menschen dazu verpflichtet, zum frühstmöglichen Zeitpunkt auch mit Abschlägen in Rente zu gehen, wenn sie lange ohne Job waren und Hartz-IV beziehen. Kritiker sprechen deshalb von einer Zwangsverrentung.
NEUREGELUNG: Es bleibt bei der "Zwangsverrentung", falls die vorgezogene Rente trotz der Abschläge zum Leben reicht. Sind die Zahlungen dagegen so niedrig, dass ergänzend Hartz IV notwendig ist, entfällt die Verpflichtung zur vorzeitigen Beantragung der Rente. Voraussetzung ist, dass die Betroffenen weiter arbeitssuchend bleiben wollen. Diese Regelung ist in einer Verordnung enthalten, die ebenfalls zum 1. Januar 2017 in Kraft tritt.
ABSCHLÄGE: Wer schon frühzeitig weiß, dass er mit 63 unter Abschlägen in Rente gehen will, der kann diese Abschläge nach geltendem Recht ab 55 durch Sonderzahlungen an die Rentenkasse ausgleichen. Künftig wird das bereits ab dem 50. Lebensjahr möglich sein.