Lehrermangel in NRW Lehrer-Gewerkschaft warnt vor Abwärtsspirale auf Kosten der Schüler

Düsseldorf · Laut Verband Bildung und Erziehung (VBE) ist die Gefahr groß, ganze Schülergenerationen zu verlieren. In NRW wird der Lehrermangel noch größer eingeschätzt als im Bundesdurchschnitt.

Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des VBE, erläutert die Ergebnisse der Forsa-Umfrage.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Zum zweiten Mal hat der Verband Bildung und Erziehung (VBE) anlässlich des Deutschen Schulleiterkongresses die Ergebnisse einer repräsentativen Forsa-Umfrage unter 1232 Schulleitungen aus dem gesamten Bundesgebiet vorgelegt. Dass der Lehrermangel dabei als das größte Problem angesehen wird, deckt sich mit den Ergebnissen des Vorjahres. Aber der mit dem Personalmangel verbundenene Einsatz von Seiteneinsteigern verschärft aus Sicht des VBE-Vorsitzenden Udo Beckmann  die Situation aus pädagogischer Sicht.

Weil jede zweite Schule nach Angaben der Befragten an Lehrermangel leidet, haben die Pädagogen freie Hand bei der Stellenwahl. Beckmann verweist auf Studien der Bertelsmann-Stiftung und des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) mit eindeutigen Befunden aus der Bundeshauptstadt.

Die Studien belegen laut Beckmann: Gerade an Schulen in schwierigen Lagen und mit Kindern, die einen besonderen Förderungsbedarf haben, kommen verstärkt Seiteneinsteiger zum Einsatz, weil die umworbenen Lehrer diese Stellen oft meiden. „Hier setzt sich eine Abwärtsspirale für die Kinder in Gang, die bald nicht mehr aufzuhalten ist.“ Die Gefahr sei große, ganze Schülergenerationen zu verlieren.

Beckmann spricht angesichts der Umfrageergebnisse gar von einer doppelten Abwärtsspirale: Denn die Mehrbelastung der Lehrkräfte durch den Personalmangel hat Folgen. Jede dritte Schulleitung gibt an, dass langfristige Ausfälle aufgrund psychischer Erkrankungen zunehmen.

Der Lehrermangel, so Beckmann, setze allerdings auch einen positiven Wettbewerb zwischen den Ländern in Gang: „So setzen sich die Landesregierungen gegenseitig unter Druck, A13 für alle umzusetzen, Lehrkräfte zu verbeamten und bessere Gelingensbedingungen bereitzustellen.“ Gerade Grundschullehrern werde mit der Eingangsbesoldung A13 Wertschätzung entgegengebracht. „Aber NRW schläft weiter.“ Der Unterschied zwischen der in NRW üblichen Besoldungsgruppe A12 und A13 betrage etwa 450 Euro brutto.

Forderung nach A13-Besoldung für alle

In NRW, so der VBE-Landesvorsitzende Stefan Behlau, ist derzeit noch jede neunte der rund 5700 Schulen im Land ohne Leitung. Vor einem Jahr war es sogar noch jede siebte. Und der Lehrermangel wird hier noch größer eingeschätzt als im Bundesdurchschnitt. 60 Prozent der Schulleitungen geben an, mit Personalmangel und unbesetzten Stellen zu kämpfen. „Ein Grund ist sicherlich die Besoldung“, ist Behlau überzeugt. „Ich hoffe, dass über diese Frage in Nordrhein-Westfalen nicht Gerichte entscheiden, sondern dass die Politik sich rechtzeitig bewegt.“ Eine Petition, die A13 für alle Lehrkräfte fordere, sei bereits von mehr als 35 000 Menschen unterstützt worden.

Dass CDU und FDP am Mittwoch einen Antrag zur Lehrkräfteversorgung durch den Landtag brachten, der die Landesregierung unter anderem auffordert, die Anerkennungsverfahren für Quer- und Seiteneinsteiger „gegebenenfalls zu vereinfachen und zu beschleunigen“ und mehr Quereinsteiger zu gewinnen, sieht der VBE kritisch: „Mit diesen Plänen lässt sich der Anspruch auf weltbeste Bildung in NRW nicht vereinbaren“, sagt Behlau. In der Umfrage erhält die NRW-Schulpolitik von den Schulleitern im Durchschnitt eine 3,9. Ob sich Ministerin Yvonne Gebauer (FDP) darüber freuen kann? 2018 lagt die Note noch bei 4,0.