Geschlechtergerechtigkeit Frauenanteil in der Bundesregierung noch immer gering
Berlin (dpa) - Der Anteil an Frauen in Top-Posten der Bundesregierung ist im Vergleich zur vergangenen Legislaturperiode kaum gewachsen - nicht mal jede dritte Führungsposition ist mit einer Frau besetzt.
Anfang 2014 waren rund 26 Prozent der Bundesminister, Staatsminister, Staatssekretäre und Abteilungsleiter Frauen - vier Jahre später sind rund 29 Prozent weiblich. Das geht aus Antworten der Bundesregierung auf Anfragen der Grünen im Bundestag hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen. Vereinzelt waren Posten zum Stichtag 29. März noch nicht besetzt.
Die Bundesregierung bekenne sich zu ihrem Ziel, „Frauen und Männer bis zum Jahr 2025 gleichberechtigt an Führungspositionen in der Bundesverwaltung zu beteiligen“, schrieb das Familienministerium. Dafür müsse der Anteil aber schneller zunehmen als bisher. Die Bundesregierung befinde sich „auf einem guten Weg“, sei aber „noch lange nicht am Ziel“.
Familienministerin Franziska Giffey (SPD) mahnte am Montag ihre Kabinettskollegen: „Wer bei der Besetzung von Führungspositionen nach wie vor alleine auf Männer setzt, schöpft nicht alle Potenziale aus und bleibt unter seinen Möglichkeiten“, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Abgesehen davon sind reine Männerclubs auch wirklich nicht mehr zeitgemäß.“
Auf Grünen-Anfrage listete das Bundesinnenministerium die Zahl der Staatsminister, der Parlamentarischen und beamteten Staatssekretäre sowie der Abteilungsleiter der 14 Fachministerien nach Geschlechtern getrennt für März 2014 und Ende März 2018 auf - vereinzelt fehlen für die neue große Koalition noch Posten. Rechnet man das Kanzleramt hinzu, ergibt sich - ohne die Bundeskanzlerin - ein Verhältnis von 144 Männern zu 50 Frauen für das Jahr 2014. In der neuen Bundesregierung sind es demnach bisher 139 Männer und 57 Frauen.
Auf Abteilungsleiterebene waren es vor vier Jahren 91 Männer und 27 Frauen, jetzt liegt das Verhältnis bei 81 zu 33. Unter den 15 Bundesministern waren 2014 fünf Frauen, diesmal sind es sechs. Erst Ende März hatte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) Kritik provoziert, weil er seine acht Staatssekretärs-Posten ausschließlich mit Männern besetzte. Ein Bild von Seehofers Führungsmannschaft, auf dem nur Anzugträger zu sehen waren, machte Schlagzeilen.
„Wenn die jetzige Bundesregierung verzweifelt zusichert, man befinde sich auf einem guten Weg, dann ist das eine gleichstellungspolitische Bankrotterklärung“, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, der dpa. „Die Bundesregierung steht bei der Gleichstellung von Frauen in den eigenen Reihen praktisch auf der Standspur.“ Wenn Gleichstellung bei den Staatssekretärinnen im jetzigen Tempo vorankäme, wäre das Ziel in Jahrzehnten noch nicht erreicht, betonte die Grünen-Politikerin.
Auch die frauenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Ulle Schauws, zeigte sich verärgert: „Die schönen Worte zur Gleichstellung im Koalitionsvertrag zerbröseln geradezu, schaut man sich die Zahlen in den Ministerien mal genau an“, sagte sie der dpa. Schaue man sich die Unions-geführten Ministerien an, sehe es noch „düsterer“ aus. Das sei „ein peinliches Armutszeugnis für diese Bundesregierung und eine schmerzlich vertane Chance für Geschlechtergerechtigkeit“.
Aus der CDU gab es Kritik an einem zu geringen Frauenanteil innerhalb der Partei: Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) forderte, die Hälfte der Führungsposten in der CDU mit Frauen zu besetzen. „Eine moderne Partei muss heute die Hälfte der Macht auf die Geschlechter verteilen“, sagte Günther der CDU-nahen Zeitschrift „Civis“. Sofern die politische Führung es wolle, könne das auch ohne eine starre Quote erreicht werden.
Mit einem geplanten Maßnahmenkonzept will auch die FDP mehr Frauen in Partei und Funktionen bekommen. Dazu soll unter ihrer Leitung eine Arbeitsgruppe eingesetzt werden, sagte FDP-Generalsekretärin Nicola Beer am Montag in Berlin nach einer Sitzung des Parteivorstandes. Bei den Vorschlägen könne durchaus auch über eine Quote nachgedacht werden, sagte Beer. Sie machte aber keinen Hehl daraus, dass diese bisher in der Partei kaum durchsetzbar gewesen sei und auch sie Quoten eher ablehnend gegenüberstehe.