Gauck bei Katholikentag: Angst vor Fremden unbegründet

Leipzig (dpa) - Bundespräsident Joachim Gauck hat „eine neue Ängstlichkeit“ in Deutschland beklagt. Angst vor dem Fremden sei zwar allen Gesellschaften irgendwo eigen, aber die Erfahrung zeige, dass sie oft unbegründet sei, sagte das Staatsoberhaupt beim Katholikentag in Leipzig.

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Leider werde die Angst zurzeit in Deutschland von Leuten ausgenutzt, die „ihr eigenes Süppchen kochen“ und „Hysterie“ verbreiten wollten.

„Ein wirklich sprechendes Beispiel dafür sind die Zusammenkünfte in Teilen von Sachsen“, sagte Gauck mit Blick auf die Demonstrationen der islamfeindlichen Pegida-Bewegung. Dabei lebten in dem Bundesland bekanntermaßen nur sehr wenige Ausländer und Muslime. Dort wo bereits viele Moscheen stünden, etwa in Nordrhein-Westfalen und im Großraum Stuttgart, gebe es keine oder viel weniger Vorbehalte. Die Menschen dort lebten eben schon seit vielen Jahrzehnten mit ehemals Fremden zusammen und hätten diese als Bereicherung erfahren.

Unterdessen verschärfte sich der Konflikt zwischen den Kirchen und der nicht zum Katholikentag eingeladenen AfD. Bayerns AfD-Landesvorsitzender Petr Bystron warf der katholischen und der evangelischen Kirche vor, über ihre Wohlfahrtsverbände „unter dem Deckmantel der Nächstenliebe“ ein Milliardengeschäft mit der Flüchtlingskrise zu machen. Beide Kirchen reagierten empört.

Der Katholikentag war am Mittwochabend eröffnet worden. Erstmals sendete ein Papst zum Katholikentag eine Videobotschaft auf Deutsch. Franziskus rief unter anderem zu Solidarität mit Alten, Kranken und Flüchtlingen sowie zu größerem Umweltbewusstsein auf. Bis zum Sonntag stehen in Leipzig rund 1000 Veranstaltungen auf dem Programm, darunter Gottesdienste, Diskussionsrunden, Workshops und Konzerte.

Kurzfristig neu ins Programm aufgenommen hat der Katholikentag für Samstag eine Veranstaltung zum Thema „Von der seltsamen Rückbesinnung auf das „Christliche Abendland“: Populismus, Nationalismus, Neue Rechte in Europa“.

Gauck erklärte die Zurückhaltung von Polen bei der Aufnahme von Flüchtlingen mit mangelnder Erfahrung im Umgang mit Fremden. „Die Polen können unglaublich barmherzig sein, aber sie haben diese Fähigkeit noch nicht entdeckt, dass Barmherzigkeit nicht nur für die unseren gilt“, sagte er. Deshalb hätten in Polen zurzeit die Politiker, die die alte nationale Identität beschwören würden, etwas bessere Karten als die europäisch gesinnten und eher liberalen Politiker.