Gauck fordert zu mehr Solidarität mit Flüchtlingen auf
Rede Bundespräsident appelliert, Verantwortung nicht zu verschieben.
Berlin. Bundespräsident Joachim Gauck hat wegen der dramatisch wachsenden Flüchtlingsströme nach Europa dazu aufgerufen, alle Hilfesuchenden menschenwürdig zu behandeln und ihre Rechte zu achten. Eindringlich forderte er gestern in Berlin mehr Solidarität mit den Flüchtlingen, aber auch bei der Teilung der Lasten zwischen den europäischen Ländern. „Die Flüchtlinge, die an Italiens oder Maltas Küsten landen, sind nicht allein die Angelegenheit Maltas oder Italiens“, sagte er bei einer Tagung der Evangelischen Akademie zum Flüchtlingsschutz.
Es sei die gemeinsame Verantwortung der Europäer, wie mit diesen Menschen umgegangen werde. „Eine gemeinsame europäische Flüchtlingspolitik hat sicherzustellen, dass jeder Flüchtling von seinen Rechten auch Gebrauch machen kann — nicht zurückgewiesen zu werden ohne Anhörung der Fluchtgründe, gegebenenfalls auch Schutz vor Verfolgung zu erhalten“, sagte er.
Gauck appellierte an die europäischen Partner, die Verantwortung nicht zwischen einzelnen Ländern hin- und herzuschieben. „Eines sollten wir nicht tun: einander vorrechnen, was erst der andere tun muss, bevor wir selbst uns bewegen.“ Gauck warnt davor, den deutschen Beitrag zu überschätzen Deutschland lehnt bisher jede Debatte über eine neue Lastenteilung ab, weil die Bundesrepublik in absoluten Zahlen die meisten Menschen aufnimmt. Regierungssprecher Steffen Seibert sieht aber keine Meinungsverschiedenheit zwischen Regierung und Staatsoberhaupt.
Gauck warnte davor, den deutschen Beitrag zur Aufnahme von Asylsuchenden etwa aus Syrien zu überschätzen. Er begrüßte zwar, dass Bund und Länder beschlossen hätten, weitere 10 000 syrische Flüchtlinge aufzunehmen. Das sei „wichtig und wertvoll“. 5 400 Syrer hätten dank der ersten beiden Kontingente Schutz in Deutschland gefunden. Der überwiegende Teil der rund 32 000 Syrer, die hier herkamen, habe sich aber auf anderen Wegen durchschlagen müssen.