Gauck gegen pauschale Kritik an Parteien

Berlin (dpa) - Bundespräsident Joachim Gauck hat sich von der Parteienkritik des früheren Staatsoberhauptes Richard von Weizsäcker distanziert. Dieser hatte die Parteien als „machtversessen und machtvergessen“ bezeichnet.

„Eine solche Kritik an der Politik werden Sie von mir sicher nicht hören“, sagte Gauck (73) dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. „Der Verdruss über sie ist zu groß, als dass ich ihn noch fördern möchte.“

Zudem missfalle es ihm, wenn die Parteien pauschal schlechtgemacht werden. „Sie tragen seit Jahrzehnten wesentlich zur Ausgestaltung unserer Freiheit, unseres sozialen Friedens, unseres Wohlstandes bei. Ohne sie wären wir nicht da, wo wir heute sind.“

Weiter sagte Gauck, der am 18. März ein Jahr im Amt ist: „Ich möchte dazu beitragen, dass Politik und Bürger sich wieder näherkommen.“ Er selbst sehe sich durchaus als Angehöriger der politischen Klasse und wünsche sich, dass die Menschen mit Blick auf den Bundespräsidenten sagten: „Ach so, es sind wir, die Bürger, die Politik machen.“ Ein Miteinander ohne Engagement könne nicht funktionieren. „Man kann nicht nur User sein.“

Der Satz „Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein“, sei so missbraucht, dass er ihn nicht formulieren wolle, meinte Gauck. Aber: „Wir können stolz auf unser heutiges Deutschland sein, stolz darauf, was es nach dem Ende von Krieg und Nazi-Zeit geleistet hat. Und das darf man, wenn einem danach ist, auch sagen.“

Auf die Frage, ob er den öffentlichen Umgang mit FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle in der Sexismus-Debatte unfair gefunden habe, antwortete Gauck: „Wenn so ein Tugendfuror herrscht, bin ich weniger moralisch, als man es von mir als ehemaligem Pfarrer vielleicht erwarten würde.“ Es gebe in der Frauenfrage sicher noch einiges zu tun. „Aber eine besonders gravierende, flächendeckende Fehlhaltung von Männern gegenüber Frauen kann ich hierzulande nicht erkennen.“ Brüderle war in die Kritik geraten, nachdem eine Journalistin ihm eine anzügliche Bemerkung vorgehalten hatte.

Gauck sprach sich auch für mehr Transparenz bei deutschen Waffenexporten aus. „Gute Dinge kann man in der Regel auch gut kommunizieren. In seltenen Fällen gibt es Gründe für Geheimhaltung“, sagte er. Die meisten Deutschen kämen damit klar, dass die Sitzungen des Bundessicherheitsrates streng geheim seien. „Andere wollen mehr wissen. Das kann ich verstehen.“ Es müsse immer wieder debattiert werden, ob Waffen auch in Diktaturen geliefert werden sollten.