Gewalt und Tote im Westjordanland
Dschenin/Tel Aviv (dpa) - Israelische Sicherheitskräfte haben bei einem Einsatz im Westjordanland drei Palästinenser erschossen.
Sieben weitere Palästinenser sowie zwei Israelis seien am Samstag bei der versuchten Festnahme eines militanten Hamas-Mitglieds und den darauffolgenden Unruhen im Flüchtlingslager Dschenin verletzt worden, sagte Armeesprecher Peter Lerner.
Als Folge des Militäreinsatzes wurden aus den Reihen der Palästinenser Rufe nach einem Abbruch der Friedensgespräche mit Israel lauter. Teilnehmer an der Beerdigung für die drei Todesopfer schworen Israel Rache.
Bei den Todesopfern habe es sich um den seit längerem wegen Terrorismus gesuchten Hamsa Abu al-Hidscha (22) sowie zwei Beteiligte an den Unruhen gehandelt, sagte Lerner.
Der tödliche Einsatz fällt in eine für die Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern kritische Zeit. Die ursprünglich gesetzte Frist läuft Ende April ab. Die Gespräche könnten jedoch schon in etwa einer Woche zusammenbrechen, falls Israel sich weigern sollte, die letzten 26 von insgesamt 104 palästinensischen Häftlingen freizulassen - so wie es den Palästinensern zugesagt worden war.
Armeesprecher Lerner antwortete auf die Frage, ob vor dem Einsatz die möglichen negativen Auswirkungen auf die Friedensgespräche bedacht worden seien: „Al-Hidscha war eine tickende Bombe. Es war klar, dass wir handeln mussten.“ Der Gesuchte habe Weisungen der im Gazastreifen herrschenden Hamas erhalten, und seine Planungen für weitere Anschläge gegen israelische Soldaten und Zivilisten hätten sich „in einem fortgeschrittenen Stadium“ befunden, sagte Lerner.
Al-Hidscha habe sich beim Eintreffen der Israelis in einem Haus verschanzt. Der Aufforderung, das Gebäude zu verlassen, hätten alle anderen Personen außer Al-Hidscha Folge geleistet, sagte Lerner. Einen in das Gebäude geschickten Kampfhund habe der Palästinenser erschossen.
Der Gesuchte habe dann versucht zu fliehen. Dabei habe er das Feuer eröffnet und zwei Israelis verletzt. Daraufhin sei er erschossen worden. Anschließend seien in den engen Gassen des Lagers „extrem gewalttätige“ Unruhen ausgebrochen, bei denen die Israelis mit Schusswaffen, Sprengkörpern und Steinen angegriffen worden seien und das Feuer erwidert hätten, sagte der Armeesprecher.
Die Palästinenserführung verurteilte das israelische Vorgehen scharf. Sie forderte die USA auf, Druck auf Israel auszuüben. Die Gewalt in Dschenin sei „Teil einer systematischen Politik Israels, alles zu zerstören. Wir fordern die USA auf, sofort einzugreifen, bevor Israel alles sabotiert hat“, sagte Nabil Abu Rudeineh, Sprecher von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas.
Die im Gazastreifen herrschende radikal-islamische Hamas warf der Palästinensischen Autonomiebehörde von Abbas vor, bei dem Einsatz mit Israel kooperiert zu haben. Diese seit Jahren praktizierte Zusammenarbeit müsse sofort beendet werden. Die Hamas lehnt die Friedensgespräche ab.
Nach palästinensischen Angaben stieg die Zahl der seit Beginn der Friedensgespräche Ende Juli vergangenen Jahres von Israel getöteten Palästinenser auf 60. Etwa 900 Palästinenser seien verletzt worden.