Interview Grünen-Chefin Peter zu Maghreb-Staaten-Einstufung: "Es gibt keinen Deal"

Berlin. Grünen-Chefin Simone Peter hat weitere Verhandlungen mit der Bundesregierung über die künftige Einstufung der Maghreb-Staaten abgelehnt. Peter sagte im Gespräch mit unserer Zeitung, die drei Länder seien alles andere als sicher.

Grünen-Chefin Simone Peter hält die Maghreb-Staaten nicht für sicher. (Archivfoto)

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Das dürfe man nicht einfach wegwischen.

F: Frau Peter, warum sperren sich die Grünen gegen die Einstufung der Maghreb-Staaten als sicher?

A: Wir sehen das Instrument der sicheren Herkunftsländer kritisch. Denn damit lässt sich keine sinnvolle Flüchtlingspolitik gestalten. Als sichere Herkunftsländer gelten Staaten, von denen der Gesetzgeber annimmt, dass eine politische Verfolgung nicht stattfindet. Menschenrechtsverletzungen bis hin zu Folterungen und Diskriminierungen lassen sich aber durch den Stempel 'sicher' nicht einfach verleugnen. In den Maghreb-Staaten sind Homosexuellen, Frauen, Regierungskritiker massiven Repressionen ausgesetzt.

F: Die Grünen waren aber mal kompromissbereiter. Müssen die Länder jetzt Unstimmigkeiten in der Partei ausputzen?

A: Wir wollen die Symbolpolitik der Bundesregierung nicht mittragen, sondern fordern Lösungen, um Asylanträge schneller zu bearbeiten, wie eine Altfallregelung, und die Integration endlich voranzubringen. Ich gehe davon aus, dass nach der Bundestagfraktion die Länder am Freitag im Bundesrat nicht zustimmen werden.

F: Der Innenminister sagt aber, Verfolgte könnten trotzdem noch Schutz hierzulande suchen.

A
: Das sagt er so. Aber weil der Gesetzgeber mit dieser Regelung annimmt, dass in diesen Ländern Menschenrechtsverletzungen nicht stattfinden, wird die politische Verfolgung dort relativiert. Und es ist ein Ammenmärchen, dass Asylanträge von Menschen aus als sicher eingestuften Herkunftsstaaten mit der gleichen Qualität geprüft werden.

F: Was raten Sie denn Winfried Kretschmann? Ihm steht ein Koalitionskrach mit der Union ins Haus.

A:
Ich brauche dem Ministerpräsidenten nichts zu raten. Weil er selbst sagt, dass die Einstufung sicherer Herkunftsländer mit hohen verfassungsrechtlichen Hürden verbunden ist. Er hat das Außenministerium kontaktiert, um sich die Situation in den Maghreb-Staaten ausführlich darstellen zu lassen. Und er hat seine Bedenken ja auch schon mehrfach klar geäußert.

F: Wären Sie dennoch zu einem Deal bereit mit der Bundesregierung?

A:
Es gibt keine Bereitschaft für einen Deal. Wir haben häufiger mit der Bundesregierung beraten, wie man die Situation der Asylsuchenden verbessern kann. Oft hat das eher zu Verschärfungen als zu Verbesserungen geführt, oder Verabredungen wurden nicht eingehalten. Zudem lässt sich mit anderen Maßnahmen nicht wegwischen, dass die drei Länder nicht sicher sind.