Grünen-Spitze mahnt zu Geschlossenheit

Berlin (dpa) - Die Grünen loben sich für ihr Abschneiden bei der Europawahl. Parteichefin Peter warnt davor, mit unabgestimmten Vorstößen für Unruhe zu sorgen. Ihr Co-Vorsitzender Özdemir kündigt an, die Grünen wollten wieder auf ihre Kernkompetenzen setzen.

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Die Grünen-Vorsitzende Simone Peter hat ihre Partei davor gewarnt, sich auf den jüngsten Ergebnissen bei Europa- und Kommunalwahlen auszuruhen. „Wir wollen mehr, und wir können mehr“, sagte Peter am Samstag auf einem kleinen Parteitag in Berlin. Die Grünen wollten auch in Sachsen, Thüringen und Brandenburg stärker werden, sagte sie mit Blick auf die Landtagswahlen in diesem Jahr. „Diese drei Wahlen sind für uns Grüne wichtig, sehr wichtig.“ In die Landtagswahlen müssten die Grünen geschlossen gehen.

Auf dem sogenannten Länderrat oder kleinen Parteitag haben die Grünen eine neue Programmdebatte über künftige Positionen der Partei gestartet. Es geht um eine Neufassung des „Freiheitsbegriffs“, das Verhältnis von Ökologie und Ökonomie, die Armutsbekämpfung sowie um Ernährung, Gentechnik und eine Agrarwende. Die inzwischen an sieben Landesregierungen beteiligten Grünen streben für 2017 auch auf Bundesebene wieder eine Regierungsbeteiligung an.

Co-Parteichef Cem Özdemir sagte, nach dem schlechten Abschneiden bei der Bundestagswahl im September werde das Thema Steuern sicher nicht wieder dominierendes Thema der Grünen in Wahlkämpfen sein: „Wir werden gewählt, wenn wir die Kernkompetenzen in den Mittelpunkt stellen.“ Dies sei das Jahrhundertthema Ökologie. „Da sind wir unverwechselbar.“ Özdemir wies Kritik an der neuen Fraktionsspitze zurück: Die sei im Bundestag die eigentliche Oppositionsführerin, auch wenn sie nicht Lautsprecher im Parlament sei.

Peter warnte vor unabgestimmten Vorstößen. Über die künftige Finanz- und Wirtschaftspolitik der Grünen müsse in Ruhe debattiert werden. „Wir wollen zur Finanzpolitik eine geordnete, nach vorne gerichtete Debatte führen“, so die Grünen-Chefin. Intern solle heftig gestritten werden. Aber es dürfe keine Schnellschüsse über Medien geben wie vereinzelt kurz vor der Europawahl, kritisierte Peter.

Die Wirtschaftsexpertin in der Grünen-Bundestagsfraktion, Kerstin Andreae, hatte Anfang April ein Umdenken ihrer Partei in der Steuerpolitik gefordert und damit heftigen Widerspruch vom linken Flügel der Partei sowie von führenden „Realos“ kassiert. Bei der Europawahl vor einer Woche hatten die Grünen mit 10,7 Prozent das angestrebte zweistellige Ergebnis erreicht (nach bundesweit 8,4 Prozent im September). Damit wurden sie drittstärkste Kraft in Deutschland.

„Das Tief aus der Bundestagswahl ist überwunden“, sagte Peter. Bundesgeschäftsführer Michael Kellner betonte: „Die Grünen sind in einem neuen Aufbruch, auch wenn wir noch einen Weg vor uns haben.“ Ähnlich äußerte sich Bundestags-Fraktionschef Anton Hofreiter: „Ja, wir Grünen sind auf Bundesebene wieder da.“ Auch in den Regionen seien die Grünen stark verankert.

Zur Kritik an der neuen Grünen-Spitze sagte Hofreiter, die Partei sei noch nicht in allen Punkten da, wo so hin wolle. Aber bis zur nächsten Bundestagswahl hätten die Grünen noch drei Jahre Zeit für spannende Debatten. Seine Co-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt kündigte einen schärferen Kurs im Bundestag an: Jetzt sei Schluss mit der Ladehemmung.

Nach dem für sie enttäuschenden Ergebnis bei der Bundestagswahl sind die Grünen knapp hinter der Linken die kleinste Oppositionskraft im Bundestag. Wegen der Wahlschlappe hatten sie sich im Herbst eine inhaltliche und personelle Erneuerung verordnet. Das Quartett um die Parteichefs Peter und Özdemir sowie die Fraktionsspitzen Hofreiter und Göring-Eckardt stand zuletzt aber auch intern in der Kritik.

Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick sagte, die Grünen müssten auch einmal Gegenwind aushalten können. „Lasst uns nicht zu bequem sein.“ Es müsse zunächst diskutiert werden, wohin die Gesellschaft gehen wolle. Es dürfe nicht gleich in Gesetzentwürfen gedacht werden, sagte Schick mit Blick auch auf die Beteiligung der Grünen an sieben Landesregierungen. Mehr als 50 Prozent der Anhänger wüssten nicht, wofür die Grünen eigentlich stehen.