Analyse „Heimliche Steuererhöhungen“: Neuer Rekord bei der Einkommensbelastung

Der Steuerzahlerbund kritisiert „heimliche Erhöhungen“ bei steigenden Löhnen. Bürger fühlen sich geschröpft.

Durchschnittsverdiener kommen „gefährlich nah an den Spitzensteuersatz“,sagt Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler.

Foto: BdSt

Berlin. Die Steuer- und Abgabenbelastung in Deutschland hat einen neuen Rekordwert erreicht. Nach einer aktuellen Untersuchung des Bundes der Steuerzahler bleiben von einem verdienten Euro im Schnitt nur noch 45,7 Cent übrig. Der von der Organisation jährlich ausgerufene „Steuerzahler-Gedenktag“ fällt auf Mittwoch. Erst danach arbeiten die Bundesbürger in diesem Kalenderjahr rein rechnerisch nicht mehr für den Staat, sondern nur noch für sich selbst.

Am Ende des Geldes bleibt immer mehr Monat übrig, lautet ein alter Witz. Dass sich eine deutliche Mehrheit zunehmend geschröpft fühlt, hat der Bund der Steuerzahler (BdSt) in einer Umfrage ermittelt. Demnach empfinden neun von zehn Bundesbürgern ihre eigene Belastung als zu hoch. Und die Entwicklung der vergangenen Jahre scheint ihnen Recht zu geben.

Zwar haben die Löhne bei vielen ordentlich zugelegt, die „heimlichen Steuererhöhungen“ aber noch deutlich mehr. Denn das Plus auf dem Gehaltszettel ist auch mit höheren Sätzen bei der Lohn- und Einkommensteuer verbunden. Selbst ein Durchschnittsverdiener könne da „gefährlich nah an den Spitzensteuersatz herankommen“, kritisierte Verbandspräsident Reiner Holznagel.

Zwar hatte die Bundesregierung schon in der vergangenen Wahlperiode beschlossen, den Einkommensteuertarif an die Inflation anzupassen und damit die sogenannte kalte Progression abzumildern. Hier handelt es sich um eine „heimliche Steuererhöhung“, bei der Lohnzuwächse durch eine höhere Steuerbelastung zum großen Teil gleich wieder aufgezehrt werden. Nach Einschätzung des Steuerzahlerbundes sind die getroffenen Korrekturen aber völlig unzureichend geblieben. Daher würden die heimlichen Steuererhöhungen auch im laufenden Jahr weiter zunehmen, erklärte der Finanzexperte Volker Stern.

Unter dem Strich erzielen Beschäftigte in Deutschland damit im internationalen Vergleich zwar sehr hohe Bruttoverdienste. Aber mit ihren Nettobezügen rangieren sie nur im Mittelfeld. Ein lediger Durchschnittsverdiener in Deutschland kam 2017 nach direkten Abzügen lediglich auf Rang zwölf innerhalb der 35 OECD-Staaten.

Aktuell gehen im Schnitt 54,3 Prozent von jedem verdienten Euro weg. Darin erfasst sind sämtliche Steuern und Abgaben, also zum Beispiel auch der Rundfunkbeitrag, Energiesteuern sowie die Mehrwertsteuer.

2017 lag die tatsächliche Quote mit 54,2 Prozent noch leicht unter dem für 2018 erwarteten Anteil. Rein rechnerisch war der „Steuer-Gedenktag“ deshalb auch einen Tag früher als in diesem Jahr. Das heißt: 2017 haben die Bundesbürger noch ein kleines bisschen weniger für den Staat gearbeitet und entsprechend mehr für sich.

„Wir sagen nicht, dass das Geld verschwendet wird“, stellte Holznagel klar. Staatliche Leistungen wie Infrastruktur und Sozialversicherungen müssten natürlich finanziert werden. Gleichwohl bleibe aber von jedem verdienten Euro „eindeutig zu wenig“ übrig, meinte Holznagel.