Meinung Immer radikaler, immer gewalttätiger
Eine Stadt fast im Ausnahmezustand, weil ein rechter Mob durch die Straßen zieht und Menschen jagt, die ausländisch aussehen. Auch das ist Deutschland im Jahr 2018. Und die Polizei wirkt anfangs mal wieder machtlos, überfordert, nicht vorbereitet.
Trauer ja, auch Protest, aber Gewalt nein. Gegen einen Syrer und gegen einen Iraker ist jetzt Haftbefehl erlassen worden, weil sie die Tat in Chemnitz begangen haben sollen. Es ist Aufgabe der Behörden, die noch unklaren Umstände zu ermitteln und dafür zu sorgen, dass die Täter ihre Strafe erhalten.
Ein Gewaltdelikt, so schlimm es ist, gibt niemandem das Recht, sich über das Gesetz zu stellen und die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Auch nicht, wenn es sich bei den Tätern womöglich um Flüchtlinge handelt. Wer glaubt, dies tun zu dürfen, begeht Selbstjustiz, die ein Staat und eine Gesellschaft sich genauso wenig gefallen lassen dürfen wie das Verbrechen an sich.
Wenn doch, herrscht irgendwann Anarchie. Es hat sich eindeutig etwas verändert im Land. Die Schwelle zur Gewalt ist rapide gesunken. Inzwischen braucht es nur eines Spontanaufrufs, um hunderte Gewaltbereite zu mobilisieren. Straftaten werden zudem immer öfter von Rechten politisch instrumentalisiert, was schamlos ist. Und die Radikalisierung wächst durch die Vernetzung über das Internet.
Das gilt übrigens nicht nur für Rechts-, sondern auch für Linksextremisten. Erinnert sei nur an die heftigen Krawalle in Hamburg vor einem Jahr anlässlich des G20-Gipfels. Der Staat muss wehrhafter und vorbereiteter sein. Seine Behörden müssen durchgreifen. Und die Gesellschaft muss endlich verstehen, dass sie bedroht ist. Sonst gerät noch mehr ins Rutschen.