Erste Runde geschafft Jamaika-Gespräche: Optimismus und steinige Wege

Berlin (dpa) - Nach dem optimistischen Start der Jamaika-Sondierungen bringen sich CDU, CSU, FDP und Grüne für die schwierige Diskussion über Einzelthemen in Stellung.

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„Solide Finanzen, keine Schulden, Steuerentlastung und ordentliche Zukunftsinvestitionen“, nannte CSU-Chef Horst Seehofer vor einem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und der engsten Unionsspitze in Berlin als zentrale Punkte. Die CSU will nun rasch auch über soziale Themen wie die Zukunft von Rente und Pflege reden.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte in einem Video, das ihre Partei online stellte, die Jamaika-Parteien könnten einen Schwerpunkt aufs Soziale legen. Dabei habe es „eine relativ breite Zustimmung“ gegeben. Große Probleme erwarte sie beim Klimaschutz.

DGB-Chef Reiner Hoffmann sagte dem „Tagesspiegel“: „Ich hoffe nicht, dass eine Koalition für Besserverdienende entsteht.“ Wenn man wirksame Antworten auf die Rechtspopulisten geben wolle, sei „Sicherheit auf dem Arbeitsmarkt und in den Sozialsystemen oberstes Gebot“.

FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff machte in der „Passauer Neuen Presse“ deutlich, dass die FDP keine Eile habe. Parteichef Christian Lindner hatte der dpa am Freitagabend nach Ende ersten Sondierung in großer Runde gesagt: „Man musste zwischen den Zeilen lesen, um für die vertieften Debatten neue Ideen zu gewinnen. Aber immerhin ist nun der Klärungsprozess in Gang gekommen, der jetzt Tempo aufnehmen darf.“

Die Jamaika-Unterhändler wollen in der Sondierung Einzelthemen so detailliert bearbeiten, dass die eigentlichen Koalitionsgespräche bis hin zu einem Regierungsvertrag der vier Parteien nach Möglichkeit nicht mehr scheitern können. Am kommenden Dienstag sind die sensiblen Themen Steuern und Finanzen sowie Europa aufgerufen.

Seehofer sagte auf die Frage, ob die Grünen anders als 2013 angedeutet hätten, auf Steuererhöhungen verzichten zu wollen: „Die Arie von der großen Steuererhöhung habe ich gestern nicht gehört.“ Bei der von der Union angestrebten „Gigabit-Gesellschaft“ mit superschnellem Internet „brauchen wir sicher mindestens zweistellige Milliardenbeträge“. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte an die Adresse der Grünen: „Steuererhöhungen wird es nicht geben.“ Nach Angaben von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, der Mitglied im CSU-Sondierungsteam ist, will die Union rasch auch über soziale Themen wie Rente und Pflege reden.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber kündigte auf Youtube an, die Union wolle bei den zwölf Jamaika-Themenblöcken „Anfang November ungefähr wissen, wo wir stehen, um dann in eine zweite Runde zu gehen“.

Schleswig-Holsteins CDU-Ministerpräsident Daniel Günther richtete im Magazin „Der Spiegel“ ein Signal an FDP und Grüne, indem er sich für ein „modernes Einwanderungsrecht“ stark machte. „Menschen kommen auf der Suche nach Arbeit als Flüchtlinge und bleiben zum Teil jahrelang im Asylsystem hängen“, sagte Günther, der in seinem Land eine Jamaika-Koalition führt. Viele Asylsuchende dürften auch dann nicht bleiben, wenn sie dank ihrer Qualifikation hierzulande gebraucht würden, beklagte er. Das weist Parallelen zur Forderung der FDP auf, Flüchtlingen einen „Spurwechsel“ zu ermöglichen und auf Grundlage eines Einwanderungsgesetzes hier bleiben zu können. CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn forderte die Unionsparteien auf, das Vertrauen in Recht und Ordnung im Land zu stärken und damit den Wählerzulauf zur AfD zu stoppen.

Nach den Worten des schleswig-holsteinischen Umweltministers Robert Habeck (Grüne) offenbarte der Auftakt der Sondierungen erhebliche Differenzen etwa bei den Komplexen Asyl und Flucht, Finanzen und Europa sowie Klima und Agrar. „Es ist alles andere als sicher, dass das Ding gelingt“, sagte er der dpa. Dennoch halte er einen Koalitionsvertrag bis Weihnachten für möglich. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter rief die Parteien bei der Funke Mediengruppe (Samstag) zur Kompromissbereitschaft auf. „Damit Sondierungen erfolgreich sind, müssen sich alle Parteien bewegen.“

An diesem Dienstag sollen zunächst die Schwerpunkt-Themen Haushalt, Steuern, Finanzen und Europa beraten werden. Anschließend soll es am Donnerstag um Klima, Umwelt, Energie, Bildung, Forschung und Digitales sowie das große Thema Flucht, Migration und Integration gehen. Dann sind Beratungen in kleinerem Kreis geplant. Die große Runde der mehr als 50 Unterhändler soll sich am 30. Oktober treffen. Am 1. und 2. November soll es Gespräche in kleinem Format geben.