Kalte Progression: Entlastung ab 2016?
Koalition denkt über Absenkung der Einkommensteuersätze um zwei Prozent nach. Doch die SPD ist zerstritten.
Berlin. SPD-Chef Sigmar Gabriel stößt mit seiner Steuerpolitik auf Vorbehalte in seiner Partei. Im Magazin „Spiegel“ bekräftigte er seine Ablehnung von Steuererhöhungen und sagte: „In einer Zeit sehr hoher Steuereinnahmen muss zu den beiden Zielen Konsolidieren und Investieren ein drittes Ziel hinzutreten: die Steuerentlastung der mittleren Einkommen durch die Beseitigung der kalten Progression.“ Diese sei „sozial ungerecht“.
Mit der Absage an Steuererhöhungen stößt Gabriel bei der Parteilinken auf Widerstand. Fraktionsvize Axel Schäfer hält ihm entgegen: „Ich erwarte von meiner SPD und ihrem Vorsitzenden, dass wir konsequent für eine gerechtere Gesellschaft kämpfen.“ Er fügte hinzu: „Das geht nur mit einem hohen Steuerniveau.“ Die SPD hatte im Wahlprogramm 2013 für Steuererhöhungen vor allem bei hohen Einkommen geworben, konnte dies aber im Koalitionsvertrag nicht durchsetzen. Angesichts günstiger Steuereinnahmen setzen Gabriel und auch Fraktionschef Thomas Oppermann nun auch auf eine Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen bei der kalten Progression. Sie stoßen dabei aber auf den Widerstand aus den Ländern. Baden-Württembergs SPD-Vorsitzender und Wirtschaftsminister Nils Schmid argumentierte, Steuererhöhungen habe die SPD im Koalitionsvertrag zwar ausgeschlossen, „für Steuersenkungen sehe ich im Moment aber auch keine Spielräume. Die beschlossenen Investitionen können nicht zulasten der Länderhaushalte gehen.“
CDU und CSU lehnen dies derzeit ab, für sie hat die Haushaltskonsolidierung absolute Priorität. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte mehrmals deutlich gemacht, dass er zuerst die Vorgaben des Koalitionsvertrages abarbeiten wolle. Danach könne man sich Gedanken über Entlastungen machen.
Durch die kalte Progression gleiten Arbeitnehmer bei Gehaltszuwächsen automatisch in einen höheren Steuertarif, der den größten Teil vom Gehaltsplus wieder aufzehrt. Laut „Spiegel“ will Schäuble aber 2016 die Sätze in der Einkommensteuer um zwei Prozent senken, um die Steuerzahler so um rund drei Milliarden Euro zu entlasten.