Keine Bewegung im Machtpoker bei der Linken
Berlin (dpa) - Im Machtkampf um den Linken-Parteivorsitz zeichnet sich zwei Wochen vor dem Parteitag noch immer keine Lösung ab. Dietmar Bartsch, bisher einziger offizieller Kandidat, will seine Bewerbung nicht aufgeben und damit den Weg für ein Comeback des früheren Linke-Chefs Oskar Lafontaine freigeben.
Er zeigte sich aber offen für eine Doppelspitze mit Sahra Wagenknecht - der Lebensgefährtin Lafontaines. Wagenknecht und Lafontaine werden an diesem Sonntag bei einer Strategiekonferenz der Linken in Berlin als Hauptredner auftreten.
Parteichef Klaus Ernst mahnte im „Hamburger Abendblatt“ (Samstag): „An einem Kompromiss führt kein Weg vorbei, wenn wir als gemeinsame Partei überleben wollen.“ Eine zweite Chance werde die Linke weder im Osten noch im Westen bekommen. Ernst führt über das Wochenende Gespräche mit verschiedenen Leuten, wie eine Parteisprecherin bestätigte. Die Bundesspitze und die Landeschefs hatten sich in einer Sitzung am vergangenen Dienstag nicht auf Bartsch oder Lafontaine als neuen Parteivorsitzenden einigen können.
Lafontaine hatte in der vergangenen Woche sein Interesse an einer Rückkehr an die Linken-Spitze erklärt, aber eine Kampfkandidatur abgelehnt. Bartsch bekräftigte in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ („FAS“): „Ich habe vor sechs Monaten meine Kandidatur für den Parteivorsitz erklärt und rücke davon auch nicht ab. Es sei denn, es gibt völlig neue Bedingungen oder es trifft mich ein Ziegelstein.“
Zu einer möglichen Doppelspitze mit Sahra Wagenknecht sagte Bartsch in der „Welt“ (Samstag): „Wir sind beide stellvertretende Fraktionsvorsitzende und gehen uns nicht an die Gurgel.“ Wagenknecht habe eine Doppelspitze mit ihm aber bisher abgelehnt. Er habe sich zu diesem Vorschlag nie geäußert. „Das ist eine Frage, die zuallererst bei den Frauen liegt.“
Der Linken-Bundestagsabgeordnete Jan Korte kritisierte Lafontaines Forderung nach einem Rückzug Bartschs. „Das wirkt wie aus der Zeit gefallen“, sagte Korte der „FAS“. Die Stimmung in der Partei habe einen Tiefpunkt erreicht. Die Bundesgeschäftsführerin der Linken, Caren Lay, sagte der Zeitung: „Ich erwarte, dass sich die beiden einigen und kein Duell im Morgengrauen inszenieren.“
Der frühere Linken-Vorsitzende Lothar Bisky sprach sich für eine Kampfkandidatur aus. „Zwei Kandidaten sind eine Bereicherung des Parteilebens und kein Problem“, sagte der Europaabgeordnete dem „Tagesspiegel am Sonntag“.
Bartsch bekräftigte in der „Welt“, dass er nicht Stellvertreter eines Parteichefs Lafontaine werde. „Das ist für mich inakzeptabel.“ Zu dem Vorschlag von Fraktionschef Gregor Gysi, Bartsch könnte wieder Bundesgeschäftsführer werden, sagte er: „Diesen Vorschlag gibt es nicht von Oskar Lafontaine. Also brauche ich dazu auch nicht Stellung zu beziehen.“ Die Gefahr einer Spaltung der Partei sieht Bartsch nicht: „Das ist völlig absurd. Eine Spaltung wird es nicht geben.“
Die Linksparteichefin in Nordrhein-Westfalen, Katharina Schwabedissen, ist für eine weibliche Doppelspitze. „Wir sind nicht das schmückende Beiwerk an der Seite eines Mannes. Wir meinen es ernst“, sagte sie der Tageszeitung „taz“ (Samstag).
Die Führungsdebatte soll nun zunächst auf Regionalkonferenzen und in Einzelgesprächen weitergeführt geführt werden. Parteichef Ernst will auch noch einmal zu einer Spitzenrunde einladen. Auf dem Parteitag in Göttingen am 2. und 3. Juni soll der neue Parteivorstand gewählt werden.