Saarlandwahl Kleines Land, große Wirkung? - Saar-Signale für das Superwahljahr

Selten wurde eine Wahl im kleinsten Flächenland mit so viel Spannung erwartet wie diesmal, bei der Premiere von Martin Schulz als SPD-Zugpferd. Nun bleibt an der Saar alles beim Alten - doch für das Superwahljahr 2017 werden die Karten womöglich neu gemischt.

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Berlin. Das hatte sich die SPD anders vorgestellt. Dank neuer Machtoptionen an der Saar sollte der „Schulz-Zug“ so richtig Fahrt aufnehmen: Richtung Schleswig-Holstein, Richtung Nordrhein-Westfalen, Richtung Bundestagstagswahl am 24. September. Doch stattdessen stellt eine jüngere Kopie von CDU-Kanzlerin Angela Merkel die Weichen womöglich in eine andere Richtung. „Ganz sicher für uns kein schöner Abend, für mich auch nicht“, muss Martin Schulz einräumen. Welche Signale sendet also die Wahl im kleinsten deutschen Flächenland?

Alles andere war womöglich nur Autosuggestion nach zwei Monaten Hype. Die SPD hat in den vergangenen Jahren zwar in den Ländern manche Ministerpräsidentenposten gehalten - aber oft mit hohen Verlusten. In Berlin (minus 6,7 Punkte) Mecklenburg-Vorpommern (minus 5), Hamburg (minus 2,7), Bremen (minus 5,8) und Brandenburg (minus 1,1) ging es abwärts. In Rheinland-Pfalz gewannen die Sozialdemokraten gegen den Trend leicht hinzu. In Baden-Württemberg (minus 10,4 Punkte), Sachsen-Anhalt (minus 10,8) und Thüringen (minus 6,1) waren die jüngsten Ergebnisse als Juniorpartner in Landesregierungen sogar katastrophal. Die SPD im Saarland büßte jetzt einen Prozentpunkt ein.

Und zwar nicht nur mit Ach und Krach eine Landesregierung halten wie voriges Jahr in Sachsen-Anhalt, sondern so richtig, mit sattem Plus. An der Saar legte Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer um 5,5 Punkte auf 40,7 Prozent zu. Bei den fünf Wahlen 2016 hatte die CDU im Sog von Merkels umstrittener Flüchtlingspolitik noch massive Probleme: In Berlin (minus 5,7 Punkte), Mecklenburg-Vorpommern (minus 4), Sachsen-Anhalt (minus 2,7), Rheinland-Pfalz (minus 3,4) und Baden-Württemberg (minus 12) zeigte sich ein „Rutschbahneffekt nach unten“, wie CSU-Chef Horst Seehofer am Sonntagabend anmerkte.

War ja „nur das Saarland“: Diese Einordnung lieferten am Abend die enttäuschten Sozialdemokraten - bei einem anderen Ausgang wäre das Argument wohl von der CDU gekommen. Mit 800 000 Wahlberechtigten, von denen rund 540 000 am Ende wählten, ist das Saarland zu klein, um große Trends für das Superwahljahr herauszulesen. Für 67 Prozent war bei der Wahlentscheidung das Land wichtig, nur für 28 Prozent die Bundespolitik. Mehr Katholiken (62 Prozent) als in Bayern, besonders viele brave Häuslebauer, große Zustimmung für die CDU-Regierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer und ihre Koalition, mit der SPD als Juniorpartner - Wechselstimmung mochte da nicht aufkommen. Zumal die Aussicht auf das erste rot-rote Experiment im Westen wohl viele Wähler abschreckte.

Kramp-Karrenbauer rückt als besonnene, populäre Politikerin ins Blickfeld; als eine, die Wahlen gewinnen kann. Nicht zum ersten Mal taucht ihr Name in Gedankenspielen zur Nachfolge der Langzeitkanzlerin und CDU-Chefin auf, manche sehen jetzt im Erfolg von „AKK“ Parallelen. Den Spruch, mit dem Merkel für die Frau von der Saar warb, könnte sie angesichts schwieriger Zeiten auch auf sich selbst münzen: „Am Berg wechselt man die Pferde nicht.“ Dass sich die beiden mit ihrem Mitte-Kurs gut verstehen, ist ebenfalls schon länger bekannt.

Die SPD kann zumindest theoretisch mit Grünen, Linken, FDP und natürlich der Union koalieren - in Kiel, Düsseldorf, auch im Bund. Bislang hat Kanzlerkandidat Schulz nach links geblinkt, was im Saarland nicht gut ankam. Auf Bundesebene wünschen sich viele Bürger - wie an der Saar - die Fortsetzung der großen Koalition, allerdings mit Schulz statt Merkel auf dem Fahrersitz. CDU und CSU haben derzeit weniger Auswahl, eine erstarkende FDP wäre der Union als Partner klar am liebsten. Den Grünen fällt die Entscheidung für Schwarz-Grün oder für Rot-Rot-Grün durch die Saar-Wahl nicht leichter. Die Linke muss im Bund erst einmal intern klären, ob sie mitregieren möchte. Klar ist die Sache nur für die AfD - mit den Rechtspopulisten will keiner.

Bei diesen Wahlen in deutlich größeren Bundesländern muss Schulz, der einstige Linksverteidiger von Rhenania Würselen, zeigen, dass er auf Halten spielen kann. Die SPD führt jeweils eine Regierung mit den Grünen, beide Bastionen muss Schulz sichern, um den SPD-Motor für die Bundestagswahl nicht schon im Mai abzuwürgen. Derzeit thront die SPD von Hannelore Kraft in NRW-Umfragen dank „Schulz-Effekt“ bei 37 bis 40 Prozent und ist damit klarer Favorit, allerdings schwächeln die Grünen. In Kiel ist der SPD-Vorsprung auf die CDU knapper, die Grünen sind aber gegen den Bundestrend weiterhin stark. Es könnte also hier wie dort reichen für Schulz' Traumkoalition.

Bei der Demoskopie ist noch Luft nach oben. Den klaren Sieg der CDU im Saarland hatte keiner auf dem Schirm, auch das mäßige Abschneiden der von Schulz euphorisierten SPD nicht. Zwischen 35 und 37 Prozent wurden Kramp-Karrenbauer von den Instituten zugetraut (vorläufiges amtliches Endergebnis: 40,7). Anke Rehlingers Saar-SPD wurde kurz vor der Wahl bei 32 bis 34 Prozent gesehen (29,6). Bei Linken (12,9), Grünen (4,0), FDP (3,3) und AfD (6,2) lagen die Forscher näher dran.