Corona-Pandemie Koalition beschließt weiteres Corona-Hilfspaket und bekommt viel Kritik
Berlin · Die Politik hat ein weiteres Corona-Hilfspaket geschnürt und etwa eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes beschlossen. Doch die Maßnahmen stoßen auf geteiltes Echo.
Fast acht Stunden lang bis in die tiefe Nacht zum Donnerstag wurde im Koalitionsausschuss um ein weiteres Corona-Hilfspaket gerungen. Es war ein Geben und Nehmen zwischen Union und SPD. Das politische Echo auf das Ergebnis fiel gemischt aus. Ein Überblick über die wichtigsten Beschlüsse und Reaktionen.
Kurzarbeitergeld
Im Corona-Kabinett kurz vor Ostern hatte SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil noch vergeblich für eine pauschale Anhebung des Kurzarbeitergeldes von 60 auf 80 Prozent (Beschäftigte mit Kindern 87 Prozent) getrommelt. Nun konnte er sich damit weitgehend durchsetzen. Verabredet wurde ein gestaffeltes Modell. Beschäftigte, die Kurzarbeitergeld für ihre um mindestens die Hälfte reduzierte Arbeitszeit erhalten, bekommen ab dem vierten Monat des Bezugs 70 beziehungsweise 77 Prozent (mit Kindern) und ab dem siebten Monat 80 beziehungsweise 87 Prozent ihres Lohnausfalls von der Bundesagentur für Arbeit gezahlt. Die Maßnahme ist bis Ende Dezember befristet. Völlig unklar ist bisher, wie mit Betrieben verfahren werden soll, die im Rahmen von Tarifverträgen jetzt schon von sich aus ein höheres Kurzarbeitergeld zahlen. Details würden noch erarbeitet, hieß es am Donnerstag aus Heils Ministerium.
Kritik
Während sich SPD und Gewerkschaften zufrieden zeigten, warnte die Wirtschaft vor einem „Geldausgaben mit der Gießkanne“. Die Pauschalanhebung diene nicht der gezielten Bekämpfung individueller Notlagen, kritisierte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer. Vielmehr würden damit überzogene Erwartungen an den Sozialstaat geweckt. Ähnlich äußerte sich auch Unionsfraktionschef Ralf Brinkhaus (CDU), obwohl seine Partei dem Kompromiss letztlich zugestimmt hatte.
Mehrwertsteuer
Was der SPD das Kurzarbeitergeld, waren der Union Erleichterungen für die schwer von Corona getroffene Gastronomie. Verabredet wurde, die Mehrwertsteuer für Speisen in Gaststätten ab Juli befristet bis Ende Juni 2021 von 19 auf sieben Prozent zu senken. Der Beschluss weckt Erinnerungen an die sogenannte Mövenpicksteuer. Vor elf Jahren hatte die FDP in der damaligen schwarz-gelben Regierung eine Steuermäßigung für Übernachtungen in Hotels und Pensionen durchgesetzt. Die CSU hatte sich seinerzeit ebenfalls dafür stark gemacht. Sie war auch der Treiber bei der aktuellen Steuersenkung.
Kritik
Die SPD musste hier eine große Kröte schlucken. Noch im vergangenen Jahr hatte sie vergeblich versucht, die Mövenpicksteuer wieder abzuschaffen und die Mehreinnahmen in die Finanzierung der Grundrente umzulenken. So stellten die Genossen am Donnerstag vor allem die zeitliche Befristung des aktuellen Steuerbeschlusses heraus. CSU-Chef Markus Söder dagegen sah darin einen Auftakt für weitere Erleichterungen: „Als nächstes sollte der Soli noch vor dem Sommer abgeschafft werden.“
Damit machte er sich überraschend die SPD-Position zu eigen, die schon beschlossene Abschaffung um ein halbes Jahr vorzuziehen. Noch bis vor Kurzem hatte Söder dafür keinen finanziellen Spielraum gesehen. Der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) begrüßte den aktuellen Beschluss. Damit würden die Umsatzausfälle „ein wenig kompensiert“, sagte Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges dieser Zeitung. Scharfe Kritik kam aus den Oppositionsparteien. Dort verwies man darauf, dass auch keine Steuersenkung nütze, wenn der Umsatz bei null liege. Diese Lösung sei „geprägt von Sinnlosigkeit“, hieß es aus der AfD. Wann das Gastgewerbe wieder öffnen darf, ist in der Tat noch offen.
Weitere Beschlüsse
Da die meisten Erwerbslosen derzeit kaum Chancen auf eine neue Anstellung haben, wird die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes um drei Monate verlängert. Dies gilt für alle Betroffenen, deren Anspruch regulär zwischen dem 1. Mai 2020 und dem 31. Dezember 2020 enden würde. Zugleich sind Erleichterungen bei steuerlichen Vorauszahlungen für kleine und mittelständische Unternehmen geplant, um deren Liquidität zu sichern. Darüber hinaus wurde beschlossen, die schrittweise Öffnung der Schulen mit Zuschüssen für das digitale Lernen daheim zu flankieren. Bedürftige Schüler sollen demnach einen Zuschuss von 150 Euro für die Anschaffung von Laptops oder Tablets bekommen.
Kritik
Die Gewerkschaften begrüßten den Beschluss zur Verlängerung des Arbeitslosengeldes. DGB-Chef Reiner Hoffmann lobte dabei auch ausdrücklich die Verhandlungsrolle der SPD. Ihr gebühre „Respekt“, so Hoffmann. Die Beamtengewerkschaft Bildung und Erziehung (VBE) zeigte sich allerdings enttäuscht über die Maßnahmen für bedürftige Schüler. Wer sich bisher ein digitales Endgerät nicht leisten könne, werde das angesichts hoher Preise auch nicht mit einem Zuschuss von lediglich 150 Euro schaffen, hieß es.