Interview Gottesdienste: Kein Weihwasser – und die Kommunion mit der Zange?

Berlin · Prälat Karl Jüsten spricht im Interview über die Rahmenbedingungen, wie Gottesdienste wieder stattfinden können.

Prälat Karl Jüsten verhandelt mit der Bundesregierung über den Neustart für Gottesdienste.

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Ab Mai könnte es wieder Gottesdienste für alle Konfessionen geben, glaubt Prälat Karl Jüsten, der das Katholische Büro in Berlin leitet und mit der Bundesregierung verhandelt hat. Aber unter stark veränderten Bedingungen. Unser Berliner Korrespondent Werner Kolhoff sprach mit dem 58jährigen.

Herr Jüsten, wie zuversichtlich sind Sie, dass ab Mai wieder öffentliche Gottesdienste in Deutschland stattfinden werden?

Karl Jüsten: Wir hoffen nach den Vorgesprächen im Bundesinnenministerium, dass die Bundesregierung und die Landesregierungen am 30. April nach ihrer nächsten Konferenz dafür grundsätzlich grünes Licht geben werden. Wir sind bereits in Gesprächen mit den Ländern, um die Voraussetzungen für die Umsetzung zu schaffen. Das oberste Gebot muss natürlich der Gesundheitsschutz bleiben; es gilt weiterhin, die Ausbreitung des Virus einzudämmen.

Wollen Sie alle Formen von Gottesdiensten wieder durchführen, auch Taufen oder Trauungen?

Jüsten: Uns sind die Sonn- und Feiertags-Gottesdienste besonders wichtig. Taufen und Trauungen werden sicher nur im Ausnahmefall möglich sein. Nottaufen und Nothochzeiten gibt es auch jetzt. Auf Priesterweihen und Firmungen werden wir wohl vorerst noch verzichten.

Werden die Gottesdienste anders aussehen als bisher?

Jüsten: Ja, ganz sicher. Zum Beispiel werden die Menschen in weitem Abstand voneinander sitzen und möglicherweise einen Mundschutz tragen. Insbesondere müssen Regeln getroffen werden, dass durch den Gesang niemand infiziert werden kann. Außerdem werden wir beim Austeilen der Kommunion besondere Vorkehrungen treffen.

Der Pastor wird die Hostien mit Maske und Handschuhen austeilen?

Jüsten: Das gehört zu den Überlegungen. Er könnte auch eine besondere Zange oder Löffel benutzen, oder die Hostie könnte in einer Schale auf dem Altar liegen, wo sie sich der Gläubige selbst nimmt. Das alles ist denkbar; entscheidend ist, dass der Kommunionsempfang würdig bleibt und gleichzeitig den Anforderungen des Infektionsschutzes Rechnung getragen wird.

Das Weihwasserbecken am Eingang ist auch eine mögliche Infektionsquelle.

Jüsten: Es ist deshalb schon seit Beginn der Corona-Krise leer.

Sind sich die Religionsgemeinschaften bei den Gesprächen mit der Bundesregierung einig gewesen?

Jüsten: Ja, wir hatten eine große Einmütigkeit zwischen Muslimen, Orthodoxen, Juden, Katholiken und Protestanten. Uns einte der Wunsch, die Gemeinden so schnell wie möglich auch physisch wieder zusammenkommen lassen zu können. Der Vertreter der jüdischen Gemeinden hat in dem Gespräch gesagt, es entspreche nicht dem eigentlichen Sinn eines Gottesdienstes aus jüdischer Sicht, ihn sich im Fernsehen oder Internet anzugucken. So sehen wir das alle.

Werden die Verfassungsklagen um die Religionsfreiheit dann aufhören?

Jüsten: Diese Klagen kamen nicht von den Bistümern oder Landeskirchen, sondern von einzelnen Bürgern. Und die haben dazu natürlich auch weiterhin das Recht.

Im Vorfeld gab es Befürchtungen, die Muslime würden die Abstandsregeln in ihren Moscheen nicht einhalten; erst Recht werde das bei den Feiern im Umfeld des Ramadan so sein.

Jüsten: Der Vertreter des Koordinierungsrates der Muslime hat in dem Gespräch sehr eindeutig erklärt, dass auch er nur dann Gottesdienste in Moscheen wieder zulassen möchte, wenn die Hygienevorschriften dort strikt eingehalten werden. Es gibt keinen Grund, dem nicht zu glauben.