Koalition einigt sich auf Gesetz gegen Ärztemangel
Berlin (dpa) - Mit Zuschlägen und Anreizen für junge Ärzte, einer zielgenaueren Auswahl von Medizinstudenten und mehr Flexibilität soll der Ärztemangel in unterversorgten Gebieten abgebaut werden.
Bund, Länder und Koalitionsfraktionen verständigten sich nach Monate langen Verhandlungen auf Eckpunkte für ein sogenanntes Versorgungsgesetz.
Die medizinische Versorgung gerade im ländlichen Raum solle trotz der demografischen Entwicklung deutlich verbessert werden, sagte Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) am Freitag in Berlin. Dies gelinge nicht durch eine einzelne Maßnahme, sondern mit einem gemeinsamen Maßnahmenpaket von Bund, Ländern und Kommunen.
Wer im ländlichen Raum wohnt, hat es häufig schwer, einen Facharzt oder überhaupt einen Arzt zu bekommen. Oft ist der Weg weit. Wegen Nachwuchsmangels könnten nach Expertenschätzungen auf dem Land bald bis zu 20 000 Ärzte fehlen. Das Durchschnittsalter niedergelassener Ärzte liegt bei mehr als 50 Jahren.
Hinzu kommt, dass überwiegend junge Mediziner wegen besserer Arbeitsbedingungen ins Ausland abwandern. Zuletzt hatten jährlich 2500 Ärzte Deutschland verlassen. Obwohl die Zahl der Ärzte in Deutschland so hoch sei wie noch nie, gebe es Mängel in der Versorgung, sagte Rösler. Insgesamt bekommen die mehr als 140 000 Ärzte in Deutschland 2011 ein Rekordhonorar von 32,5 Milliarden Euro.
„Das Versorgungsgesetz kann jetzt auf den Weg gebracht werden“, sagte Rösler. Es solle am 1. Januar 2012 in Kraft treten. Zuvor hatte Rösler mit den Ländern Kernpunkte vereinbart. Danach sollen junge Ärzte mit Zuschlägen und besseren Arbeitsbedingungen aufs Land gelockt werden. Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jens Spahn (CDU), sprach von einem „guten und fairen Kompromiss“ zwischen Ländern und Koalitionsfraktionen.
Nach den Eckpunkten sollen die starren Regelungen zur ärztlichen Bedarfsplanung aktualisiert und flexibler ausgestaltet werden. Ausgangspunkt soll der tatsächliche Bedarf der Menschen in einer Region sein, auf den regional flexibel reagiert werden kann.
Für komplexe Leistungen soll mit der ambulanten spezialärztlichen Versorgung ein neuer Bereich geschaffen werden. Nach Angaben aus der Koalition soll das herkömmliche Denken in Krankenhaus und niedergelassener Facharztpraxis durchbrochen und der Wettbewerb zwischen stationärem und ambulantem Bereich gestärkt werden.
Die Politiker setzen nach Röslers Worten nicht auf Strafe sondern auf Anreize. „Man wird durch Strafe keinen Arzt und keine Ärztin in unterversorgte Gebiete bekommen“, sagte Rösler. Auch verstärkte Planung helfe nicht. Leben und Arbeit müssten so attraktiv gestaltet werden, dass junge Ärzte gewonnen werden.
Koalition und Länder wollen auch auf die Sorgen von Patienten und Ärzte reagieren, dass nötige Arzneimittel nicht mehr verschrieben werden, da Ärzten sonst hohe Regressforderungen drohen. Besondere Belastungen wie Langzeitverschreibungen und Praxisbesonderheiten sollen von Anfang besser berücksichtigt werden und nicht zu Strafzahlungen führen.