Koalition erwägt Kindergeld-Erhöhung erst 2016

Berlin (dpa) - Die schwarz-rote Koalition überlegt, das Kindergeld erst 2016 zu erhöhen und damit zwei Jahre später als zunächst erwogen. Bei einer Verschiebung könnten die Zahlungen aber stärker angehoben werden als um die zuletzt diskutierten zwei Euro pro Kind und Monat.

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Das Bundesfinanzministerium erklärte, es gebe „keine Festlegung innerhalb der Bundesregierung“, die Ressorts stimmten sich noch ab. Von Sozialverbänden und der Opposition kam Kritik an einer möglichen Verzögerung.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann befand eine Verschiebung für vernünftig. „W ir wollen, dass das Kindergeld und der Kinderzuschlag in einem Zusammenhang entschieden werden“, erklärte er vor einer Fraktionssitzung in Berlin. Wenn das im nächsten Jahr passiere, dann müsse „die Steigerung etwas deutlicher ausfallen“.

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte, die Meinungsbildung sei noch nicht abgeschlossen. In der Vergangenheit seien steuerlicher Freibetrag und Kindergeld manchmal im gleichen Jahr angepasst worden, aber nicht immer. Abzuwägen sei auch der Verwaltungsaufwand.

Der Kinderzuschlag wird an Geringverdiener mit Kindern gezahlt, um zu verhindern, dass sie zusätzlich zu ihrem Einkommen noch Harz-IV-Leistungen beziehen müssen. Hintergrund für eine mögliche Verschiebung ist auch, dass in diesem Herbst ohnehin der nächste Existenzminimumbericht vorgelegt wird. Daraus könnte sich die Notwendigkeit weiterer Anpassungen bei Freibeträgen ergeben. Über die Überlegungen in der Koalition hatte zuerst die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet.

Derzeit beträgt das Kindergeld für das erste und zweite Kind je 184 Euro monatlich, für das dritte Kind 190 Euro und für das vierte und jedes weitere Kind 215 Euro. Zuletzt wurden 38,5 Milliarden Euro Kindergeld ausgezahlt.

Der steuerliche Kinderfreibetrag muss im Laufe dieses Jahres um 72 Euro auf 4440 Euro angehoben werden. Hinzu kommt der Betreuungsfreibetrag. Der Anpassungsbedarf ergibt sich aus 2012 vorgelegten Existenzminimumbericht. Die Freibeträge müssen das Existenzminimum von Kindern abdecken. Über die konkrete Höhe entscheidet der Gesetzgeber. Dies wird im Laufe dieses Jahres umgesetzt; eine rückwirkende Anhebung ist möglich.

Bei einer Anhebung der Freibeträge für Kinder um 72 Euro müsste das Kindergeld um fast 2 Euro im Monat für jedes Kind steigen - damit die Einkommen annähernd gleich bleiben, bei denen beide Instrumente zu einer gleich hohen Entlastung führen. Der Gesetzgeber kann das Kindergeld auch stärker anheben. Es gibt keine verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Höhe des Kindergeldes oder gar zum Verhältnis zwischen Kinderfreibetrag und Kindergeld.

Allein der höhere Kinderfreibetrag führt nach früheren Angaben des Finanzministeriums zu Steuermindereinnahmen von jährlich 110 Millionen Euro. Einschließlich der Anhebung des Kindergeldes um rund 2 Euro pro Monat für jedes Kind lägen die Ausfälle für die Staatskassen bei jährlich 425 Millionen Euro - allein für den Bund bei 186,4 Millionen. Der Bund will 2015 erstmals seit fast einem halben Jahrhundert ohne neue Schulden auskommen und auch in den Folgejahren einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen.

Im Wahlkampf hatte die CDU sogar eine Kindergeldanhebung um 35 Euro versprochen. Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) wollte nach früheren Medienberichten auf eine Erhöhung des Kindergeldes verzichten und stattdessen den Kinderzuschlag für Geringverdiener anheben: um 20 auf bis zu 160 Euro.

Die Grünen kritisierten, Kinder und Familien blieben bei der großen Koalition auf der Strecke. Die Bundesregierung drücke sich davor, ein dringend notwendiges Gesamtkonzept gegen Kinderarmut vorzulegen. Besonders ungerecht sei es, wenn der Kinderfreibetrag steige, Bezieher von Kindergeld aber vertröstet würden.

Die Linke sprach von einer Familienpolitik für Besserverdienende: „Das Wahlkampfgetöse ist vorbei, nun wird die versprochene Kindergelderhöhung durch die Bundesregierung auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben.“ Das sei Sparpolitik zu Lasten der ärmeren Familien.