Koalition verhandelt über Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung
Berlin (dpa) - Die Bundesregierung arbeitet an einem Entwurf für ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung. Anlass dafür sind nicht nur die jüngsten Terrorwarnungen in Deutschland, sondern auch die Erwartung, dass es mittelfristig keine EU-weite Regelung geben wird.
Die Bundesregierung plant deshalb nun einen deutschen Alleingang für die systematische Speicherung von Telefon- und Internetdaten, schreibt der „Spiegel“. Über das Streitthema gebe es direkte Gespräche zwischen Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD).
Das von vielen Datenschützern kritisierte Sammeln von Verbindungsdaten ohne konkreten Anlass soll Fahndern vor allem bei der Jagd auf Terroristen und andere Schwerverbrecher helfen. Mögliche Fristen für die Dauer der Speicherung wurden bisher nicht genannt. Der „Spiegel“ schreibt, ein möglicher Kompromiss mit Maas könnte darin bestehen, dass Berufsgeheimnisträger wie Ärzte, Anwälte oder Journalisten von der Erfassung ausgenommen werden. Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums wollte sich zu der Frage, ob und wann ein Gesetzentwurf zu erwarten sei, nicht äußern.
Schleswig-Holsteins Datenschutzbeauftragter Thilo Weichert würde eine deutsche Lösung bei der Vorratsdatenspeicherung begrüßen - aber nur in eng abgesteckten Grenzen. „Die unsichere Situation, die wir über Jahre hin hatten, ist nicht tolerierbar, weil einige Telekommunikationsunternehmen offensichtlich länger Daten speichern als es notwendig ist“, sagte Weichert der Deutschen Presse-Agentur. Er sei für eine „ganz kurze Frist“, in der Daten gespeichert werden dürfen.
Das Bundesverfassungsgericht hatte ein Gesetz, das eine Mindestspeicherzeit von sechs Monaten vorsah, 2010 verworfen. Der Europäische Gerichtshof kippte eine EU-Regelung zur Vorratsdatenspeicherung 2014. Ein neuer Vorschlag der EU-Kommission ist so bald nicht zu erwarten.
Die FDP warnt vor einem deutschen Alleingang. Für die Verbrecherjagd brauche die Polizei bessere Ausstattung und kein „Monster-Instrument zum Erstellen von Persönlichkeits- und Bewegungsprofilen aller Bürger“, sagte FDP-Generalsekretärin Nicola Beer. Die SPD knicke bei der Vorratsdatenspeicherung offenbar ein.
Der Grünen-Innenpolitiker Konstantin von Notz, erklärte, es gehe nicht um die Frage von Fristen, sondern um das „ob“: „Käme die Vorratsdatenspeicherung der Kommunikationsdaten wäre der Damm gebrochen und der Weg in den Präventivstaat, der seine Bürger überwacht, weil sie zukünftig etwas Verbotenes machen könnten, eröffnet.“ Dies müsse verhindert werden.
Der AfD-Vorsitzende Bernd Lucke sagte, es müsse sehr sorgfältig geprüft werden, „ob die Vorratsdatenspeicherung über blanken Aktivismus hinaus auch eine ernsthafte Wirkung bei der Zerschlagung terroristischer Strukturen hat“.