Kommt das Gendersternchen in den Duden?
Wien. Der Rat für deutsche Rechtschreibung plant vorerst keine Regeländerung für geschlechtergerechtes Schreiben. Aus der bisherigen Beobachtung des Schreibgebrauchs ergebe sich noch keine klare Präferenz, hieß es am Freitag nach einer Ratssitzung in Wien.
Noch werde die Praxis, von Frauen und Männern in weiblicher und männlicher Form, im Plural oder in Passivkonstruktionen zu schreiben, der Erwartung geschlechtergerechter Schreibung am ehesten gerecht.
Bis zur nächsten Sitzung des Gremiums am 16. November in Passau soll eine Arbeitsgruppe mögliche Empfehlungen an die staatlichen Stellen der deutschsprachigen Länder vorbereiten. Anlass ist die öffentliche Diskussion in einigen Ländern des deutschen Sprachraums, die Schreibung deutscher Texte so zu gestalten, dass sie Männern, Frauen und Menschen des sogenannten dritten Geschlechts gerecht wird.
Als „geschlechtergerechte Schreibung“ gelten etwa Doppelnennungen wie Schülerinnen und Schüler oder Unterscheidungen wie Ärztin und Arzt. Möglich, aber orthografisch und grammatisch nach dem aktuellen amtlichen Regelwerk nicht normgerecht, sind auch sogenannte Gender-Sternchen (Lehrer*innen) oder Schrägstriche (Lehrer/in) sowie die X-Form (Dix Studierx).
Die Frage, ob beispielsweise das Gendersternchen in den Duden aufgenommen wird, kann Kathrin Kunkel-Razum, Leiterin der Duden-Redaktion, klar verneinen. In dem gelben Wälzer könne im Regelteil eine Empfehlung dazu aufgenommen werden, mit welchen sprachlichen Mitteln das Gendern realisiert werden kann. Nur als Empfehlung, ohne Vorschriften, das betont sie sehr.
Wohl auch vor dem Hintergrund, dass ein Duden-Ratgeber von Herbst 2017 über das Gendern den Autorinnen böse Zuschriften und Negativ-Kommentare im Netz einbrachte. Darin ist etwa von „verhunzter Muttersprache“ und „Sprachpolizei“ die Rede. Da klingt die Frage durch: Warum soll jetzt etwas als problematisch gelten, was früher vollkommen in Ordnung war? Und die Haltung: Ihr da oben wollt uns etwas vorschreiben.
Ins gleiche Horn stößt der AfD-Parteivorsitzende Jörg Meuthen, der eine „Vergewaltigung der deutschen Sprache“ beklagt. „Unter dem Deckmantel, die vorgebliche Diskriminierung von Frauen in der Sprache verhindern zu wollen, sollen durch solche Maßnahmen politische Ziele linksradikaler Ideologen auch sprachlich zementiert werden“, unterstellt der Rechtspopulist den Befürwortern.
Tatsächlich störte sich lange kaum jemand daran, wenn etwa beim Begriff „Schüler“ die Mädchen mitgemeint waren. Doch das ändert sich. „Frauen sind in der deutschen Sprache besser versteckt als unter einer Burka“, bringt die Sprachwissenschaftlerin Luise Pusch ihre Kritik gern leicht polemisch auf den Punkt.
Dabei haben Studien gezeigt, wie sehr Sprache die Wahrnehmung von Menschen beeinflusst — und wie sehr sie ausgrenzen kann. Bei einem Begriff wie „Astronaut“ stellen sich wohl die meisten Menschen einen Mann vor. dpa