Kraft in NRW auch mit Oppositions-Stimmen wiedergewählt

Düsseldorf (dpa) - Mit überraschend deutlicher Mehrheit ist Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) am Mittwoch im Amt bestätigt worden. Im Düsseldorfer Landtag stimmten 137 Abgeordnete für Kraft und damit mindestens neun aus der Opposition.

Die Regierungsparteien SPD und Grüne haben zusammen 128 Parlamentarier. Einige Abgeordnete der Piratenpartei hatten schon angekündigt, Kraft zu wählen. Es wurden 234 gültige Stimmen abgegeben, gegen Kraft entschieden sich 94 Parlamentarier.

„Vielen Dank für dieses fantastische Ergebnis. Ich werde versuchen, dieses Vertrauen, was in mich gesteckt worden ist, zu rechtfertigen“, sagte die 51-Jährige nach ihrer Vereidigung in einer kurzen Ansprache. „Und ich verspreche, dass wir bei dem bleiben, was wir in den letzten knapp zwei Jahren hier in diesem Landtag vorangebracht haben: ein starkes Parlament und einen offenen Dialog auch über die einzelnen Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg.“

Kraft hatte in den vergangenen beiden Jahren eine rot-grüne Minderheitsregierung geführt und Gesetzesvorhaben mit wechselnder Unterstützung der Oppositionsfraktionen durchgebracht. Bei ihrer ersten Wahl zur Ministerpräsidentin hatte sie 2010 die absolute Mehrheit im ersten Wahlgang verfehlt und kam erst im zweiten Anlauf dank Enthaltung der Linkspartei als erste Frau ins höchste Regierungsamt in Nordrhein-Westfalen.

Kraft versprach dem Parlament: „Ich gehe diese Aufgabe an - demütig, aber auch mit viel Kraft und mit viel Engagement. Ich werde mein Bestes geben.“ Auf der Besuchertribüne des Landtags saßen neben ihrer Familie zahlreiche Ehrengäste, darunter der frühere Vize-Kanzler Franz Müntefering (SPD).

Müntefering sagte der Nachrichtenagentur dpa, Krafts Wahlergebnisse seien „ein Hoffnungsschimmer“ auch mit Blick auf die Bundestagswahl 2013. Offenbar gebe es viele Menschen, die eine vorsorgende Sozialpolitik gekoppelt mit einer vernünftigen Energie- und Industriepolitik wollten. Kraft werde auch im Bundesrat und in der Bundespartei „eine wichtige Rolle spielen und Zeichen setzen“.

Geteiltes Lob erhielt Kraft vom neuen FDP-Landes- und Fraktionschef Christian Lindner. „Frau Kraft ist eine respektable, sehr sympathische Persönlichkeit“, sagte er der dpa. „Aber die Politik, für die sie hier steht, tragen wir nicht mit.“ Lindner schloss aus, dass es für Kraft Stimmen aus den Reihen von FDP oder CDU gegeben haben könnte.

Bei der Landtagswahl vor fünf Wochen hatte die Wahlsiegerin für die SPD 39,1 Prozent der Stimmen geholt, die Grünen kamen auf 11,3 Prozent. Am vergangenen Montag unterzeichneten beide Seiten ihren Koalitionsvertrag für die nächsten fünf Jahre. Kraft will an diesem Donnerstag ihre Regierungsmannschaft mit zwölf Ministern vorstellen. Sie wird das bisherige Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr teilen und zwei neue SPD-Minister vorstellen.