Krankenkassen wehren sich gegen zwangsweise Beitragssenkung

GKV-Chefin Pfeiffer kritisiert Vorhaben der Bundesregierung und warnt vor anstehenden Kostensteigerungen in den nächsten Jahren.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will zusätzliche Pflegekräfte von der Krankenversicherung finanzieren.

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Berlin. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) hat die geplante zwangsweise Beitragsabsenkung vermögender Krankenkassen als „Fehlentscheidung“ kritisiert. Eine solche Maßnahme könne wegen der zu erwartenden Kostensteigerungen in den nächsten Jahren „nur kurzfristig“ wirken, betonte GKV-Chefin Doris Pfeiffer am Montag auf einer Presseveranstaltung im brandenburgischen Kremmen.

Die Bundesregierung hatte Anfang Juni einen Gesetzentwurf verabschiedet, der neben einer Rückkehr zur hälftigen Beitragsfinanzierung durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber auch ein Abschmelzen der Finanzreserven bei Krankenkassen vorsieht, deren Rücklage den Umfang einer Monatsausgabe überschreitet. Diese Maßnahme soll ab dem Jahr 2020 greifen.

Pfeiffer verwies darauf, dass die Große Koalition aber auch Maßnahmen plant, die zu Kostensteigerungen beziehungsweise Einnahmeausfällen bei den Kassen führen. So sollen etwa die 13.000 zusätzlichen Pflegkräfte, die Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Rahmen eines Sofortprogramms angekündigt hatte, nicht von der Pflege-, sondern von der Krankenversicherung finanziert werden. Kostenpunkt: 650 Millionen Euro pro Jahr.

Zugleich sieht der schon erwähnte Gesetzentwurf eine Halbierung des Mindestbeitrags für Kleinselbstständige vor. Dies führe zu Mindereinnahmen von 800 Millionen Euro im Jahr, rechnete Pfeiffer vor. Als weiteres Beispiel nannte sie die aus Sicht der Kassen unzureichenden Beiträge für Hartz-IV-Empfänger, welche aus Steuermitteln finanziert werden. Derzeit sind es pauschal 98,43 Euro pro Kopf und Monat, was nach Darstellung Pfeiffers nicht annähernd kostendeckend sei.

Nach den aktuellen Daten verfügen die gesetzlichen Krankenkassen allerdings noch über ein stattliches Finanzpolster. Ende 2017 lagen ihre Rücklagen bei 19,1 Milliarden Euro. Das waren rund drei Milliarden mehr als im Jahr zuvor. Während die Ausgaben im vergangenen Jahr moderat um 2,4 Prozent nach oben gingen, betrug das Einnahmeplus aus Beiträgen wegen der guten Konjunktur 3,0 Prozent.

Dieser positive Trend scheint sich erst einmal fortzusetzen. Denn auch die vorläufigen Zahlen vom ersten Quartal 2018 weisen zumindest einen leichten Überschuss auf. Noch im Jahr 2010 war die Hälfte der gesetzlich Krankenversicherten in Kassen, die über weniger als 25 Prozent einer Monatsausgabe als Reserve verfügten. 2017 war davon keine einzige Kasse mehr betroffen.

Pfeiffer warnte allerdings vor Euphorie. Gegenwärtig lägen die Ausgaben der Krankenkassen bei 20 Milliarden Euro im Monat, eine Summe, die derzeit ungefähr ihren gesamten Rücklagen entspreche. „Einen Monat keine Beiträge, damit wären die Reserven weg“, rechnete Pfeiffer vor. Vor diesem Hintergrund bestehe kein Anlass, „zwingend“ den Abbau von Reserven vorzunehmen, so die GKV-Chefin.