Nach harscher Kritik Kreise: US-Botschafter unglücklich über Interview-Folgen

Berlin (dpa) - Nach harscher Kritik in Deutschland will sich der neue US-Botschafter Richard Grenell um Entspannung bemühen.

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Er habe sich unglücklich über die Reaktionen gezeigt, die sein Interview ausgelöst habe, verlautete am Mittwoch aus dem Auswärtigen Amt nach einem Treffen Grenells mit Staatssekretär Andreas Michaelis. Er wolle „nicht als Parteigänger rechtsgerichteter Kräfte in Deutschland wahrgenommen werden“. Grenell wolle auch atmosphärisch dafür sorgen, „dass eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den deutschen Partnern möglich“ werde, hieß es von deutscher Seite.

Ein Interview mit der rechten Plattform Breitbart London war so verstanden worden, dass sich der neue US-Botschafter für Bewegungen einsetzt, die den Kurs von US-Präsident Donald Trump teilen und EU-kritisch sind. „Ich möchte unbedingt andere Konservative in ganz Europa stärken“, wurde Grenell zitiert. Später hatte er auf Twitter versichert, dass er nicht zur Unterstützung bestimmter Parteien oder Personen aufrufe, aber: „Ich stehe zu meinen Kommentaren, dass wir ein Erwachen von der schweigenden Mehrheit erleben - die die Eliten und ihre Blase ablehnt. Geführt von Trump“.

Grenell ist seit einem Monat Botschafter in Berlin und ein Vertrauter Trumps. Traditionell bemühen sich Botschafter um diplomatische Zurückhaltung. Schon kurz nach seinem Amtsantritt hatte Grenell Irritationen ausgelöst, als er deutsche Unternehmen aufforderte, nach dem US-Ausstieg aus dem Atomabkommen auf weitere Geschäfte im Iran zu verzichten.

Trump hatte sich lobend zum Brexit geäußert und wiederholt Sympathien für rechtsgerichtete Parteien gezeigt. Statt mit den westlichen Partnern zusammenzuarbeiten, gibt es zunehmende Konfrontationen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Mittwoch bei einer Befragung im Bundestag, sie wolle die Causa Grenell nicht kommentieren. Aber sie werde Ende der Woche beim G7-Gipfel in Kanada mit Trump sprechen.

Staatssekretär Michaelis habe in dem Gespräch mit Grenell die Entschlossenheit der Bundesregierung unterstrichen, mit den europäischen Partnern das Atomabkommen mit dem Iran auch nach dem US-Ausstieg als essenziellen Beitrag zur Sicherheit in der Region am Leben zu erhalten. Die Bundesregierung hat die US-Seite deshalb aufgefordert, in den USA tätige europäische Unternehmen nicht zu bestrafen, wenn sie zugleich an ihren Iran-Geschäften festhalten.

Können die Unternehmen wegen des US-Drucks ihre Aktivitäten in dem Land nicht fortführen, entfallen die Vorteile des Abkommens für den Iran - und dieser könnte wieder das Atomwaffenprogramm aufnehmen.

Michaelis und Grenell hätten auch über die Reaktionen in der deutschen Öffentlichkeit auf das jüngste Breitbart-Interview des Botschafters gesprochen, hieß es. Der Staatssekretär habe erläutert, die Reaktionen zeigten deutlich, welchen hohen Wert die deutsche Bevölkerung den Beziehungen zu den Vereinigten Staaten beimesse.

Für Irritation hatte auch eine ungewöhnliche Einladung an den österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz gesorgt - einen Kritiker der Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Grenell richtet während eines Berlin-Besuchs von Kurz am 13. Juni in seiner Berliner Residenz ein Mittagessen für den österreichischen Kanzler aus.

In der „Bunten“ äußerte Grenell derweil Bewunderung für Merkels Politikstil. „Ich mag ihre Ernsthaftigkeit und ihre Herangehensweise an politische Dinge“, sagte er. „Sie erwartet Resultate und nicht Prunk oder Glamour.“ Die Stimmung in Deutschland nehme er genau wahr, erklärte der Diplomat und sagte mit Blick auf Trump: „Ich weiß, dass es viel Unterstützung für unseren Präsidenten gibt. Denn: Amerikaner und Deutsche spielen im selben Team.“

Unter anderem der frühere SPD-Chef Martin Schulz hatte die Ablösung Grenells gefordert und ihn als „rechtsextremen Kolonialoffizier“ bezeichnet. „Wenn der Deutsche Botschafter in Washington sagen würde, ich bin hier, um die Demokraten zu stärken, dann würde er sofort rausgeschmissen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt sagte dem Sender SWR aktuell: „Botschafter sollten eher zuhören und im Stillen wirken, als selbst Politik machen.“